Mit Überlichtgeschwindigkeit
zu den antiken Göttern und zurück:
Was uns Astronomie, Archäologie, Astrologie,
Psychologie, Philosophie, Mathematik
und Mythologie über GOTT sagen!
Ekstatischer Essay von Tom de Toys
(Seit 2016 @ https://uni-koln.academia.edu/NEUROATHEISMUS )
KOSMISCHE INZESTPOLITIK
("GAIA & URANOS" - SCHÖPFUNGSMYTHOS)
Für Seminare & Schulunterricht empfiehlt sich als didaktischer Einstieg
in diese Materie das gekürzte HANDOUT-PDF @ www.URLust.de
GeleitwORT
Das Institut für Ganz & GarNix freut sich, Ihnen heute das Ergebnis von
Recherchen präsentieren zu können, für die wir unserem Mitarbeiter Herrn De Toys
einen Büroplatz mitsamt Bibliothek und technischen Rahmenbedingungen schaffen
konnten, weil das Thema seines Vortrages erstaunlicherweise mit seiner eigenen
mystischen Urerfahrung des 'LOCHiSMUß' vom 5.5.1989 zusammenhängt, die
bekanntermaßen zur Gründung des G&GN-Instituts führte, dessen Motto lautet:
PERINZENDENZ STATT TRANSZENDENZ. Insofern war es uns eine
präsentOMatische Pflicht, sein Vorhaben ideell zu unterstütZEN und die
ausführliche Originalversion der Allgemeinheit nun zur Verfügung zu stellen.
Mögen weitere religionskritische Bewußtseinsforscher davon profitieren!
Sebastian Nutzlos, 1.G&GN-Vorsitzender, Berlin-Neukölln, den 5.5.2010
(letztes Update: 23.2.2016, Düsseldorf Eller-Süd @ www.artDdorf.de)
Wer hat schonmal versucht, sich die LEERE vorzustellen?
Versuche, sie in einer kleinen ZEICHNUNG darzustellen
oder mit einem kurzen SATZ zu beschreiben!
De Toys © G&GN-Institut, 7.5.2010: "WIE DIE WELT ZUR WELT KOMMT!" (THE WORLD AS ITS OWN WOMB)
"...sinnbildlich ist das Pleroma der kleinste nur
angenommene, nicht seiende punkt in uns und
das unendliche weltgewölbe um uns."
C.G.Jung: "VII SERMONES AD MORTUOS" (1916)
"Aus den Zeiten schriftloser Kulturen zeugen vielfältige archäologische Funde vom himmelskundlichen
Wissen der frühen Menschen. Die Achsen oder die Zugänge zu ihren oft monumentalen Grabbauten
waren nach markanten Punkten des jährlichen Sonnen- oder Mondlaufes ausgerichtet, (...) Grabbauten
wurden zu Kultstätten oder Kultstätten zu Grabbauten, nicht nur zur Verehrung der Ahnen, sondern auch
zur Stätte magischer Beschwörung, der kultischen Verehrung von Gestirnsgöttern und auf einer höheren
Kulturstufe zu 'Observatorien' und Kalenderbauten. (...) Aus der Bewegung der als bewußte, göttliche
Wesenheiten gedachten Gestirne suchten die Menschen Orientierungen für das irdische Leben. Sobald die
(weitgehend irrtümliche) Erkenntnis der Verursachung irdischer Erscheinungen von himmlischen
Vorgängen entstanden war, stellte sich die Gestirnsbeobachtung geradezu als zwingende Notwendigkeit
dar. In schriftlichen Aufzeichnungen wird dies erstmalig in der babylonischen Omenastrologie faßbar. (...)
Die alten Babylonier prägten die Gestirnsgötter mit den Zuordnungen, die in der Astrologie bis heute
grundsätzlich erhalten blieben. Der Mondgott Sin war Herr über das Pfanzenwachstum, der die Zeit und
die Geschicke der Menschen lenkt. Die Sonne wurde als Gott Samas, Sohn des Mondgottes, Herr über
das Leben, die Gerechtigkeit und Weissagung verehrt. Die dritte Hauptgottheit dieser vorchristlichen
Trinität war Istar, ebenfalls Tochter des Mondgottes, die sich als Liebesgöttin in der Venus personifiziert.
Mars erscheint schon hier als Unglücksstern, als der unheilbringende Unterweltgott Nergal. Jupiter
manifestierte sich im Schöpfergott Marduk, sein Sohn, der spätere Merkur, als Herr der Wissenschaften
und der wahrsagenden Künste, während Saturn als die 'müde gewordene Sonne' galt. (...) Mit der
Weltschöpfungslehre Hesiods treten wir in einen ganz andersartigen Kulturkreis ein, doch sicher waren
auch Hesiods Gedanken schon lange zuvor wenigstens in einzelnen Elementen vorgebildet, und sein auf
der Sichbarkeit von Sternen und Sterngruppen beruhender Kalender für den Landmann und Seefahrer
bedurfte der langen praktischen Erfahrung..."
Jürgen Hamel: "Astronomiegeschichte in Quellentexten: Von Hesiod bis Hubble" (1996)
27.4.-29.5.2010, Live-Präsentation am 11.5.2010 in Berlin-Nicolaiviertel
GEILE GENERVTE GÖTTER:
DIE KOSMISCHE INZESTPOLITIK DER URMÄCHTE
(ÜBER DEN ANTIKEN "GAIA & URANOS" -SCHÖPFUNGSMYTHOS)
Das
Verblüffende an der antiken griechischen Mythologie ist ihre brutale Aktualität für den
modernen Sinnsucher, der sich die "letzten" Fragen stellt: WARUM GIBT ES DAS GANZE SEIN
ÜBERHAUPT und WER BIN ICH, WENN ES KEIN ICH GIBT? Während der Quantenphysiker
heutzutage das Urteilchen "Higgs" sucht und zwischen Urknall und Superstring-Theorie pendelt,
hat kein geringerer als der Königshofdichter HESIOD[OS] (ein Zeitgenosse von Homer) schon vor
2700 Jahren das CHAOS als ursprünglichen Schöpfungsimpuls benannt und den Verlust des
"Goldenen Zeitalters" mithilfe des göttlichen Kriegsszenarios beklagt. Man fühlt sich an das
psychoanalytische Archetypenpaar Animus & Anima sowie an taoistische Prinzipien des Yin &
Yang (im populären T'ai-Ki-Ursymbol) im Sinne gegenseitig bedingender/ergänzender Polaritäten
erinnert, wenn in seinem berühmten Werk "THEOGONIA" plötzlich aus diesem gähnenden Nichts
zwei Gestalten auftauchen, die den Urdualismus personifizieren: Die gebärfreudige Erdgöttin
GAIA und aus ihr der gefährliche Himmelsgott URANOS. Die gesamte Weltgeschichte lässt sich
in diesem Mythos auf das inzestuöse Verhältnis der beiden kosmischen Urgrößen zurückführen,
das sich wie ein Politkrimi mit kannibalistischen Tendenzen liest. Denn das göttliche Spektakel
unter den Kindern der Urmutter ist eine perverse Familientragödie, obwohl der poetische Anfang
noch recht harmlos nach lustvollen Rollenspielchen klingt:
"Wahrlich, als erstes ist Chaos entstanden, doch wenig nur später / Gaia, mit breiten Brüsten, aller Unsterblichen
ewig / sicherer Sitz, der Bewohner des schneebedeckten Olympos, / dunstig Tartaros dann im Schoß der geräumigen
Erde, / wie auch Eros, der schönste im Kreis der unsterblichen Götter: / Gliederlösend bezwingt er allen Göttern und
allen Menschen den Sinn in der Brust und besonnen planendes Denken. / Chaos gebar das Reich der Finsternis:
Erebos und die / schwarze Nacht, und diese das Himmelsblau und den hellen / Tag, von Erebos schwanger, dem sie
sich liebend vereinigt. / Gaia gebar zuerst an Größe gleich wie sie selber / Uranos sternenbedeckt, damit er sie völlig
umhülle / und den seligen Göttern ein sicherer Sitz sei für ewig."
Hesiod, ca. 700 v.Chr.: "THEOGONIA" (V.116-128)
Was sich allerdings hieraus entwickelt, könnte eher als egoistisches Machtspiel
zwischen Firmen verschiedener Ideologien gedeutet werden. Wir gehen das ganze
Spektakel einmal in Zeitraffer durch, um die Vielfältigkeit der göttlichen Charaktere*
und deren verschiedene Gesichter zu erahnen:
Alles beginnt also bei Hesiod mit dem Chaos, aus dem fünf Götter entstehen: der Erdboden
Gaia [Gea], die Unterwelt Tartaros, die Liebe Eros, die Finsternis Erebos und die Nacht Nyx,
deren Kinder Aither [Aether] und Hemera später die Ausleuchtung des obersten Himmels
(Excelsis) als windstill leuchtende Seele und schamesrote (Eos) Frühaufsteherin (Erigeneia)
übernehmen. Gaia wiederum gebiert alleine (bzw. ohne Begattung durch Eros im Schlafe) den
Sternenhimmel Uranos [Ouranos] (das Gewölbe des Universums), die Berge Ourea und das
Meer Pontos, das die Erde durchdringt und begrenzt (und laut Gerüchten gar nicht vaterlos war:
eine kurze Affäre mit dem Aither sei schuld). Aber an diesem Punkt gerät die Familiengeschichte
der notgeilen Götter auf eine schiefe Bahn: Gaia zeugt aus Versehen mit ihrem eigenen Sohn
Uranos (sie liegen ja als Himmel und Erde -noch- direkt aufeinander, da passiert sowas eben!)
zunächst die drei Gewitter-Zyklopen [Kyklopen] Brontes (den Donner), Steropes (den Blitz)
und Arges (das Grelle) sowie die fünfzigköpfigen, hundertarmigen Hekatoncheiren: drei
Ungeheuer namens Kottos, Briareos und Gyes. Uranos verhindert allerdings im Delirium
seines permanenten Orgasmus’ die Geburt dieser gemeinsamen (von ihm gehassten) ekligen
Kinder und verbannt sie dadurch (mit sadistischer Freude) in Gaias Schoß Tartaros (die
Unterwelt), woraufhin Gaia die folgenden sechs Söhne und sechs Töchter vor ihm versteckt:
zwölf Titane, denen sie wutentbrannt eine Waffe aus eigens dafür entwickeltem weiß-grauen
Stahl schmiedet (alles Prahlerei? war sie vielleicht nur aus Feuerstein?), um sie zur Revolution
gegen den Vater anzustacheln, was ihr dann endlich beim jüngsten Titan Kronos gelingt: dieser
entmannt seinen Vater mit jener berühmten Sichel Harpè (die uns im späteren Verlauf der
Kulturepochen vom Zubehör des Gevatter Tod als Sensemann vertraut ist) und übernimmt die
Weltherrschaft. Nach der Thronbesteigung sperrt er als erste Amtshandlung die Hekatoncheiren,
die Zyklopen und die schon bald darauf geborenen 36 Giganten (Gaia & Uranos sind unermüdlich
sexuell aktiv!) wieder nach väterlich bewährter Methode in den Tartaros. Beim Entsorgen des
väterlichen Sexualorgans im Pontos strömt einerseits Samen ins Urmeer aus, der Uranos’ Tochter
und damit Kronos’ Halbschwester Aphrodite aus dem blutig spermazoiden Schaumbad
hervorbringt, sowie andererseits Blut, das auf die Urmutter Gaia tropft, die sich dadurch als
Nährboden eignet für das Heranwachsen der Meliaden (jenen Eschennymphen, aus deren
Holz später Speere geschnitzt werden), der Zwietracht Eris in Form dreier Erin[n]yen (den
Rachegeistern Alekto, Tisiphone und Megaira) sowie der erwähnten Giganten
(Kriegstreiber). Erzürnt darüber, daß Kronos sogar seine neuen Geschwister mit einsperrt,
prophezeit Gaia diesem, daß dessen eigene Kinder gegen seine Diktatur ebenso rebellieren
würden wie er gegen die seines Vaters. Vorsichtshalber verschlingt Kronos daher fast alle Kinder,
die seine Schwester Rhea ihm gebiert, außer das letzte (das sechste): Zeus. Rhea nämlich
vertauscht diesen mit dem Stein Bätylos (der übrigens sehr viel später in Delphi auftaucht und im
Zuge der menschlichen Götzendienste täglich mit Öl gesalbt wird), den sie in eine Windel wickelt
und ihrem Göttergatten zum Verspeisen vorlegt - und versteckt derweil Zeus in der Diktäischen
Höhle von Psychro (im Dikti-Gebirge auf Kreta) nahe dem Dorfe Lyktos, wo sie ihn auf der Flucht
vor Kronos mit Gaias Hilfe heimlich auf die Welt gebracht hatte:
"Dorthin brachte Gaia durch schwarze Nacht ihn schnell nach Lyktos / (...) / und barg ihn in tiefer Höhle"
Hesiod, ca. 700 v.Chr.: "THEOGONIA" (V.453–491)
Als Zeus alt genug ist, überredet er seine erste, scharfsinnige Frau, die Meeresnymphe Metis
(eine von 3000 Töchtern der Titanen Okeanos und Tethys sowie Athenes spätere indirekte
Mutter) dazu, Kronos einen Zaubertrank (aus Salzwasser oder Wasser mit Senfpulver) als
Brechmittel zu verabreichen, damit dieser den Stein und seine verschluckten Geschwister (die
Götter Hades und Poseidon sowie die Göttinnen Hestia, Demeter und Hera) wieder
preisgibt, so daß Zeus mit ihnen gemeinsam in den Krieg gegen Kronos und die Titanen Koios,
Kreios, Hyperion und Iapetos sowie dessen Söhne Atlas & Menoitios (von Metis SchwesterOkeanide Klymene/Asia) ziehen kann. Unparteiisch bleiben der Titan Okeanos sowie die
weiblichen Titanen Theia, Rhea, Themis, Mnemosyne, Phoibe und Tethys. Die Zyklopen
besorgen nach ihrer Befreiung (dank eines Hinweises seitens Gaia) für Zeus einen Donnerkeil,
schmieden Poseidons Dreizack und einen Helm für Hades, der diesem Unsichtbarkeit verleiht.
Zeus erschlägt (aufgrund eines weiteren Geheimtips von Gaia) das Ungeheuer Kampe, das für
Kronos den Tartaros bewacht, und befreit dadurch die dort eingesperrten Hekatoncheiren. Und
tatsächlich: Nach einem Jahrzehnt sind die Titanen besiegt, woraufhin sich die Brüder die
Herrschaft teilen: Zeus bemächtigt sich des Himmels, Poseidon krallt sich die See und Hades
spielt seine Hauptrolle in der Unterwelt. Die neutralen Titanen behalten ihre Stellung, aber die
feindlichen werden in den Tartaros gesperrt, der diesmal von den Hekatoncheiren bewacht wird.
Besonders hart fällt die dortige Strafe für Vater Kronos aus, der auf seiner mißglückten Flucht
von Zeus mit dem Donnerkeil niedergestreckt worden war - sowie für die Brüder Prometheus
und Epimetheus (weitere Söhne von Iapetos & Klymene). Und deren Bruder Atlas wird dazu
verurteilt, den vorzeitig gealterten Uranos bis in alle Ewigkeiten zu stützen, weil dieser von den
Kämpfen derart geschwächt ist, daß er schon auf die genervte Gaia zurück stürzt (und wenn sich
Himmel & Erde wieder zu lange berühren, gäbe es wohl eine Wiederholung dieser KosmopornoSoapserie!): Giganten hatten nämlich auf Gaias Wunsch, die über das kaltherzige Verhalten ihres
Enkels Zeus gegenüber den Titanen beleidigt war, unter dem Oberkommando des Eurymedon
Felsbrocken und brennende Eichen gegen ihn geschleudert. Zeus und seine Geschwister
überstehen noch einen weiteren von der rasenden Großmutter Gaia heraufbeschworenen letzten
Angriff durch ihren jüngsten (oder Heras späteren?) Sohn, das hundertköpfige Ungeheuer
Typhoeos, das beinahe gewinnt, dann aber von einem Blitz des Zeus bekämpft und ebenfalls in
den Tartaros verbannt wird, wo aus ihm "die schädlichen Winde" entstehen. Nach diesem finalen
Showdown wird Zeus von seinem engsten Familienkreis zum Topmanager gewählt: mit ihm an
der Spitze übernimmt der OLYMP nun als einzige Weltmacht die Leitung der Schöpfung. Aber
leider kehrt trotzdem keine Ruhe auf dem kosmischen Schlachtfeld ein, denn die alte Gaia
prophezeit Zeus, daß ein Sohn von seiner weisen, unsterblichen Geliebten Metis ihn stürzen
werde, so wie auch er Kronos und dieser seinerzeit Uranos gestürzt hatte, weshalb Zeus
vorsorglich seine doppelt schwangere Frau verschlingt. Aufgrund der darauf folgenden
Kopfschmerzen spaltet Heras Sohn Hephaistos mit Hammer und Keil auf Befehl seines Vaters
(manche munkeln, Prometheus hätte es getan, von Hermes überredet!) dessen Haupt, aus dem
Zeus Metis’ Tochter Athene selbst gebiert, während ihr vermeintlich staatsfeindlicher
Zwillingsbruder ungeboren und namenlos in Metis (beziehungsweise in Zeus) zurückbleibt.
Danach zeugt der sagenhafte Casanova Zeus noch zahlreiche Kinder unter dramatischen
Umständen (und oft genug mit krimineller Energie!), sowohl mit weiteren Göttinnen wie Dione
die verführerisch schöne Tochter Aphrodite oder mit Leto (Tochter der Titanen Koios und
Phoibe) die Zwillinge Artemis & Apollon (diese müssen auf der schwimmenden Insel Delos
entbunden werden, welche Poseidon per Eilverfahren aus dem Wasser zaubert) als auch mit
sterblichen Frauen wie Alkmene (Sohn Herakles) und Semele (Sohn Dionysos). Auch die
anderen Regierungsvertreter schließen diverse strategische Ehepakte. Und so blüht und gedeiht
der olympische Harem - ein gigantisches Eifersuchtsdrama reiht sich an das nächste, aber auch
von einem Drachen namens Pýthon wird die Rede sein. Und die ergraute Gaia sucht inmitten
des Spektakels unbeirrt nach einem Wunderkraut, das ihre gigantischen Kinder gegen die
sterblichen Urenkel schützen soll. Zeus verbietet darum Eos (der Morgendämmerung), Helios
(der Sonne) und Selene (dem Mond), den drei Kindern des Titanenpärchens Hyperion &
Theia, zu scheinen - bis er eine solch seltene Pflanze selber trotz Dunkelheit findet, um den
Aufstand der Giganten (besonders dank Herakles' Tapferkeit) niederzuschlagen. Alles in allem
genug Stoff für neue 3D-Hollywood-Actionfilme mit vielen Leichen im kosmischen Keller...
An diesem Punkt des bunten Treibens erleichtert uns ein Stammbaum, die
labyrinthische LOGIK hinter dem MYTHOS überhaupt noch nachzuvollziehen:
Allerdings stellt sich jetzt eine ganz andere Frage für einen Menschen unserer postmodernen
(vermeintlich mythenfreien) Gegenwart: WAS SOLL DIESE GESCHICHTE EIGENTLICH???
Eine einfache, kurze und schnelle Antwort darauf entpuppte sich bei meinen Recherchen schon
bald als unmöglich, denn der symbolische Gehalt der Figuren erstreckt sich über so viele
miteinander verzahnte Fachgebiete, daß ich nur noch den Sprung nach vorne über meine
Materialsammlung hinaus wagen kann, um dem vor Neugier platzenden Leser eine Ahnung
davon zu vermitteln, wie sehr unser alltägliches SEELENLEBEN noch immer geschichtlich
beeinflusst ist von diesen Kraftfeldern der psychischen Urelemente: ich wähle exemplarisch
Chaos, Gaia, Eros, Uranos, Kronos und Athene aus, um die Bedeutung von Mythen aus der
Sicht einiger Disziplinen mit unerwartet subtilen MYSTISCHEN Details zu beleuchten, die uns an
zivilisatorische Bewußtseinsereignisse rund um diese Götternamen erinnern - und sich erinnern
meint jetzt: alle URERINNERUNGEN zu wecken, die in Büchern und Bildern gespeichert sind...
"Der Ursprung ist immer gegenwärtig. Er ist kein Anfang, denn aller Anfang ist
zeitgebunden. Und die Gegenwart ist nicht das bloße Jetzt, das Heute oder der Augenblick.
Sie ist nicht ein Zeitteil, sondern eine ganzheitliche Leistung, und damit auch immer
ursprünglich. Wer es vermag, Ursprung und Gegenwart als Ganzheit zu Wirkung und
Wirklichkeit zu bringen, sie zu konkretisieren, der überwindet Anfang und Ende und die bloß
heutige Zeit."
"War die archaische Struktur der Ausdruck der nulldimensionalen Identität und der ursprünglichen Ganzheit, war die
magische der Ausdruck der eindimensionalen Unität und naturverwobenen Einheit - so ist die mythische Struktur
Ausdruck der zweidimensionalen Polarität. (...) Die mythische Struktur nun führt zu einer Bewußtwerdung der Seele,
also der Innenwelt. Ihr Symbol ist der Kreis, der stets auch Symbol der Seele war. Der geeinzelte Punkt der
magischen Struktur erweitert sich zu dem zweidimensionalen, die Fläche einschließenden Ring. (...) In diesem
naturhaften Zeitcharakter des Kreises, in ihm begegnen wir der Verwandtschaft der Zeit mit der Seele wieder. Und
mehr noch: war das 'Resultat' der magischen Struktur die Bewußtwerdung der irdischen Natur, also vornehmlich der
Erde, so bringt die mythische den Gegenpol der Erde, nämlich die Sonne und den Himmel, zum Bewußtsein. Damit
wird die im magischen Kampfe angeeignete Erde gleichsam umfangen von den beiden polaren
seelischen Wirklichkeiten: von dem untererdhaften Hades und dem über-erdhaften Olymp. (...) Mythos:
das ist ein Schließen von Mund und Augen; und da es damit ein schweigendes Nach-Innen-Sehen (und ein NachInnen-Hören) ist, ist es ein Ansichtigwerden der Seele, die gesehen, darstellt, die gehört, hörbar gemacht werden
kann. Und Mythos: das ist dies Darstellen, dies Hörbar-Machen; es ist: die Aussage, der Bericht und - wieder stoßen
wir hier auf das bewußtseinandeutende 'Richten' - über das Erblickte und Gehörte. Was das eine Mal stummes Bild
war, ist das andere Mal tönendes Wort; das Innen-Erschaute und gleichsam Erträumte findet seine polare
Entsprechung und Bewußtwerdung in der dichterisch gestalteten Aussage. So ist das Wort stets Spiegel des
Schweigens; so ist der Mythos Spiegel der Seele. Erst die blinde Seele ermöglicht die sehende. Und da alles Seelische
vor allem auch Spiegelcharakter hat, trägt es nicht nur naturhaften Zeitcharakter, sondern ist stets auf den Himmel
bezogen; die Seele ist ein Spiegel des Himmels - und der Hölle. (...) Denn ob Sonne oder Wasser, Stein oder Luft:
die Seele und das Leben binden diese Polaritäten ineinander, und im mythischen Bericht wird einmal dieser, einmal
jener Aspekt sichtbar und enthülllt in der verschwiegenen Komponente, auf der uns unsichtbaren Rückfläche des
Spiegels, jeweils den ihn polar ergänzenden Aspekt. (...) Das Erwachen und die Fähigkeit, das Dunkle zu sehen,
wurden in einem festumrissenen Mythologem gleichsam vorausgeträumt und sichtbar: in dem Mythologem von der
Geburt der Athene. Athene entspringt - es war ein Sprung, eine Mutation - dem Haupte des Zeus; sie ist das Bild des
Gedankens, des bewußten Denkens, das auch die dunklen Zusammenhänge, auch die in der Nacht liegenden
Wirklichkeiten zu sehen vermag: denn Athene ist eulenäugig; ihr Attribut ist die Eule, der Vogel - und als Vogel ist
die Eule ein Polaritäts-Symbol der Seele -, der auch im Dunklen sieht, dem die Nacht Tag ist. Und Athen wird es sein,
in dem die ersten abendländischen Menschen völlig zum wirklichen Denken erwachen; Athener werden es sein,
deren Stimme unsere Welt bestimmen, deren Denken unsere Zeit fixieren, deren Weitblick unserer mentalen
perspektivischen Welt Gestalt und Gesicht geben wird: Sokrates, Euklid, Platon, Aristoteles. (...) Es dürfte vielleicht
gut sein, einer Wirklichkeit eingedenk zu bleiben: zwar schloß sich die Wunde im Haupte des Zeus, aber es war da
einst eine Wunde. Immer reißt jeder 'neue' Gedanke Wunden auf. Der unendlichen Schmerzen - und seien
diese, da das 'unendlich' ihre seelische Betontheit hervorhebt, auch nur irrationale, seelische Schmerzen -, ihrer sollte
man nicht vergessen, wenn man des mythischen Menschen und seiner Leistung gedenkt. Und jeder, der nicht nur die
Erde, sondern auch das Leben würdig bestehen will, der das Leben leben will, statt von ihm gelebt zu werden, muß
einmal durch diese Schmerzen der Bewußtwerdung gehen. (...) In dem Moment, da das Polaritätsphänomen
auftaucht, entsteht das Sich-Ergänzende. Und das ist: Tag und Nacht, Helle und Dunkelheit, Himmel und Erde, Säule
und Höhle. Am Athene-Mythos haben wir gesehen, daß diese Art der Spätmythen schon nicht mehr reine Träume
sind, sondern bereits eine Art von Erwachens-Träumen, in denen das mentale Weltbild vorausgeträumt wird. (...)
Wenn wir von der Zeithaftigkeit der mythischen Struktur sprechen [meine Anm.: im Gegensatz zur
sogenannten 'Zeitfreiheit' der zeitgenössischen integralen Struktur], dürfen wir ihre noch andauernde Raumlosigkeit
nicht unbeachtet lassen. Aus der ununterschiedenen Helle und Dunkelheit wird der Mensch jener Kräfte ansichtig, die
sich langsam aus der Bewegung herauslösen und zu bewegten Urbildern werden; diese Urbilder spiegeln die inneren
und damit dunkelen und ungreifbaren Kräfte des Menschen, die man die seelischen Kräfte nennt. (...) Es ist ein
raumloser oder doch raumferner flächenhafter Grund, auf dem sich dieser Prozeß abspielt. Er ist raumlos, wie die
Nacht raumlos ist, die keine räumliche Tiefe, sondern nur flächige zweidimensionale Dunkelheit kennt. (...) das
Kronos-Mythologem ist nicht nur Ausdruck der mythischen Zeithaftigkeit, sondern enthält keimhaft
bereits die mythisierend vorausgeträumte Vorform des BEGRIFFES Zeit. Das Wesentliche aber ist, daß es
uns ein Bild des Zeithaften vermittelt, das nicht mit unserem heutigen Begriff Zeit verwechselt werden darf. Die
früheste Überlieferung des Kronos-Mythologems verdanken wir dem bereits utilitaristischen Hesiod. (...) Der
mythische Bericht von Kronos läßt seine Nachtbezogenheit erkennen. Es schildert sich in ihm nicht nur das Wesen
der Zeithaftigkeit, die erzeugt und vernichtet (kenntlich gemacht im Verschlingen und Wiederausspeien seiner
Kinder), sondern vor allem handelt er im nächtlichen Bereich, über den der Mond gebietet, der sich desgleichen
mehrt, wenn er zunimmt, sich um die Mehrung vermindert, wenn er abnimmt. Dieses Moment der Bewegung und die
weiteren Momente: daß er aus der mythischen Polarität von Himmel und Erde hervorging, daß er den
Impuls der Zeithaftigkeit durch Metis empfing, deren Trank aus dem Verschlingenden einen Gebenden macht
(der zudem das Leben bewahrt, denn die ausgespienen Kinder leben), - all diese Momente stellen Kronos in die
Konfiguration jener erwachenden Zeithaftigkeit, die sich in seinen Taten und Leiden schildert. Hier wird die
mythische Polarität sichtbar, welche die Seele weckt; oder, wie man es auch ausdrücken kann: HIER ERWACHT DIE
SEELE, deren Bewegung kreisschließend ist, und damit erhält die Polarität Wirkcharakter. (...) Damit hätten wir aus
dem mythischen Beispiel den Charakter dessen abgelesen, was 'mythische Zeit' ist: nämlich das immerwährende
Sich-Erfüllen des Kreises, der ja von sich aus Symbol der Seele ist."
Jean Gebser: "Ursprung und Gegenwart" (1949-1953)
Eine solche tiefenzivilisatorische Symbolinterpretation weckt einen gigantischen Schlund an
Bildergeschichten, die uns architektonisch und museal so vertraut sind, daß wir nie großartig
über ihre Herkunft und Bedeutung nachdachten! Um diese sagenhaften Erzählungen von Homer
und Hesiod rund um die Ängste und Tricksereien zwischen Gaia und Uranos in ihrem vollen
kosmisch-titanischen Ausmaß zu verstehen, bedarf es zwar keiner Astrologie, aber da uns einige
der griechischen Götter auch heutzutage noch als Himmelskörper und Wochentage
begegnen, gönnen wir uns einen kleinen Ausflug durch unser Planetensystem. Um uns die
Reihenfolge der Entfernungen aller acht Planeten (ehemals neun: Pluto wurde der Status Planet
erst letztens aberkannt) von unserem Fixstern aus, der Sonne, leichter zu merken, eignen sich
die Anfangsbuchstaben der Wörter in folgendem Satz:
So: Meine Verbündete Erklärt Mir Jeden Samstag Unser Neuroastronomisches Ekstase Plus !
Sonne: Merkur - Venus - Erde - Mars - Jupiter - Saturn - Uranus - Neptun
(- Eris - Pluto)*
"Auch in alten Sternsagen und -Mythen wird von einer Glocke, einem Kessel oder Dach gesprochen, an deren inneren
Wänden die Sterne befestigt seien. Diese gelten hierbei bald als goldene Nägel, die in das Himmelsdach
eingeschlagen sind... (...) Wie der Name Milchstraße, so kommen auch viele Namen der in ihr sichtbaren Sternbilder
aus dem Altertum: Schwan, Pfeil, Adler, Delphin und Leier gehen auf die Antike zurück, Adler sogar noch
weiter, nämlich auf das alte Babylonien. Nicht alle Sternbilder haben indes eine Ähnlichkeit zwischen Figur und
Namen. Wo sich Ähnlichkeiten mit irdischen Gegenständen nicht finden ließen, griffen schon die alten Sternweisen
zur rein willkürlichen Benennung. (...) Mögen die ersten Anfänge der Planeten-Bezeichnung noch im Dunkeln liegen,
von der babylonischen Sternkunde an lernen wir immer mehr Planetennamen kennen, die sich von Volk zu Volk und
von Kultur zu Kultur forterbten, wenn auch oft in Übersetzungen und Verstümmelungen. Am deutlichsten wird dies,
wenn wir den Übergang aus dem babylonischen in den griechischen Kulturkreis betrachten. Der griechische Saturn
geht hier zurück auf den babylonischen Ninib, der griechische Jupiter war vormals der babylonische Weltschöpfer
Marduk, Mars war der babylonische Todes- und Pestgott. (...) Wenn am Anfang die Benennung auf Grund einer
äußeren Ähnlichkeit erfolgte, geriet dieser Grund für die Namensgebung bald in Vergessenheit, so daß in der Folge
vom Namen auf die Sache (Namensfetischismus) geschlossen wurde. Da speziell die Planeten bei Babyloniern
und Ägyptern und demzufolge auch bei den Griechen mit Göttern identifiziert und vermengt wurden, übertrugen sich
auch die einzelnen Göttereigenschaften. Davon zehrt die Astrologie noch heute. (...) Die Astronomie als ernsthafte
Wissenschaft von den Sternen benutzt auch die alten Götternamen. Aber für sie sind diese tatsächlich nur Namen
und weiter nichts, während die Astrologie über den Namensfetischismus nicht hinausgekommen ist und ihn auch
nicht überwinden kann; bedeutete dies doch das offenkundige Eingeständnis ihres Zusammenbruchs. (...) Mehrmals
wurde festgestellt, daß die Astrologie mit dem antiken geozentrischen Weltbild verbunden war. Der niedrige Stand
des damaligen Wissens ermöglichte es den Sternweisen und Sterndeutern, als Vertraute überirdischer Kräfte
aufzutreten. (...) Der Geruch des Religiösen und Phantastischen verlor sich in der ganzen Geschichte der Astrologie
nicht. (...) Bei der Kirche ist es der einzige Gott, der das Menschenschicksal bestimmt und mehr oder weniger
festlegt. Bei der Astrologie sind es die Sterne, die diese Aufgabe übernehmen. (...) Beiden wurden daher aber auch
das neue Weltbild des Kopernikus wie überhaupt die neu entstehenden Wissenschaften zum Verhängnis. (...)
Hinsichtlich der Astrologie aber können wir konstatieren, daß mit der Anerkennung des heliozentrischen Weltbildes
zugleich das Ende jeglicher ernsthaften Sterndeuterei gekommen war. (...) Die Astrologie rechnete bis zur
Entdeckung dreier neuer Planeten mit der heiligen Siebenzahl. Seit alters wird verschiedenen Zahlen eine
geheimnisvolle Wirkung zugeschrieben. Dieser Zahlenmythos war bei Babyloniern wie bei Ägyptern schon bekannt.
(...) Die bekannten fünf Planeten plus Sonne und Mond schienen ein göttlicher Fingerzeig zu sein, in der Sieben ein
göttliches Geheimnis zu suchen. (...) Hinsichtlich der Namensgebung haben wir Beweise, die die Behauptung, die
Astrologie sei eine Erfahrungswissenschaft, vollauf ad absurdum führen: Im Jahre 1781 entdeckte Herschel einen
Planeten, der den Namen Uranus erhielt. Diese Benennung hielt sich an die alte Tradition, Planeten mit antiken
Götternamen zu bezeichnen. Uranos ist der griechische Gott der Naturkräfte, der Vater des Saturn, der
Titanen und Zyklopen. Die Umlaufzeit des Planeten Uranus um die Sonne beträgt 84 Jahre, er hat also seit seiner
Entdeckung gerade gute zwei Umläufe hinter sich gebracht. (...) Uranus hat in der Astrologie die Herrschaft über die
Naturkräfte und schafft Katastrophen und Unfälle. (...) 1846 wurde der Planet Neptun entdeckt. Seine Umlaufzeit
beträgt 165 Jahre. Der antike Gott Neptun war der Beherrscher des Meeres, der Flüsse und überhaupt des
Wassers. Das genügt den 'erfahrungswissenschaftlichen' Astrologen aber auch schon. Sie beziehen einfach die
astrologische Kraft des Neptun auf Wasser und Feuchtigkeit. (...) Wem dies noch nicht genügt, der mag erfahren,
wie sich die Astrologen gegenüber dem erst 1930 entdeckten Planeten Pluto verhielten. Erfahrungswissenschaftler
müßten sich angesichts dieser Tatsache sowie der Umlaufzeit von 248 Jahren geflissentlich jeglicher Wertung
enthalten. Die Astrologen wissen es aber wiederum ganz genau. Pluto war bei den Griechen der Gott der
Unterwelt. Wenn die moderne Wissenschaft dem neuentdeckten Planeten den Namen dieses alten Griechengottes
nur gab, um der Tradition treu zu bleiben, so hindert dies die Astrologen keineswegs, die Namensgebung zum Anlaß
zu nehmen, dem unschuldigen Planeten Pluto nachzusagen, er bringe Katastrophen und Erdbeben. Sogar die
Atombombe wird ihm unterstellt, weil Plutonium zu ihrer Herstellung verwendet wird... An dem Verhalten der
Astrologen gegenüber den neuentdeckten Planeten können wir genau ihre Verantwortungslosigkeit verfolgen. Im
Altertum beriefen sich die Sterndeuter oftmals auf ihre intuitiven Kräfte. Ihr Wissen, so sagten sie, sei ihnen von
Göttern gegeben worden zur Belehrung der Menschen. Mit derartigen Weisheiten können die heutigen Astrologen
nicht mehr aufwarten. Die andere Möglichkeit, die Astrologie als normale Wissenschaft auszugeben, was im
Mittelalter versucht wurde, ist heute ebenfalls nicht mehr vorhanden. So bleibt denn nichts anderes als der Rückzug
auf die Erfahrung. Jahrtausendelange Beobachtungen, so behaupten sie, hätten die Richtigkeit der astrologischen
Behauptungen ergeben, und die Astrologie wäre eben einfach nichts anderes als die Summe der von den Menschen
gemachten Erfahrungen mit den Sternenkräften. Wie es mit dieser Erfahrung aussieht, zeigen die Beispiele mit den
drei neuentdeckten Planeten!"
Gerhard Zwerenz: "MAGIE STERNENGLAUBEN SPIRITISMUS" (1956)
Die eingangs gestellte Frage nach dem WARUM (gibt es das Sein) beschäftigt desweiteren nicht
nur Astronomen und Biologen sondern natürlich auch Archäologen, die schon seit über einem
Jahrhundert erstaunliche Fossilien ans Tageslicht befördern, mit denen sich sowohl die natürliche
Evolutionstheorie beweisen ließ als auch die alten Mythen endgültig ins Land des
"Sagenhaften" verbannt wurden. Hören wir dazu
Herbert Kühn in der Einleitung seines Buches "DAS ERWACHEN DER MENSCHHEIT" von 1954:
"Es gibt keinen Mythos, keine Sage der Völker, keine Religion der Erde, die nicht von diesem Gedanken ausgeht: Wo
kommt der Mensch her, wie ist der Mensch geschaffen worden, wo liegt sein Ursprung, wo sein Erwachen, sein
Erwachen zu der geistigen Größe und Spannkraft, die ihn auszeichnet und die ihn abhebt von der Welt der Tiere?
(…) Jahrtausende hindurch haben sich die Menschen dunkle Vorstellungen gemacht über den Dämmer ihres eigenen
Morgens, und so wie kein Mensch ein Bewußtsein und eine Erinnerung hat an seine eigene Geburt, so hat auch die
Menschheit keine Erinnerung an ihr eigenes Erwachen. (…) Die Menschenaffen erscheinen schon vor 45 Millionen
Jahren. Die Gruppe von Gorilla und Schimpanse erwacht gegen 30 Jahrmillionen vor unserer Zeit. Im jüngsten
Tertiär [vor ca. 600000 Jahren] erscheint zum ersten Mal der Mensch, entstehend mit der Gruppe der Menschaffen.
(…) Wie ein Wunder ist das Wissen um diese vergangene Welt in unsere Zeit getreten. Wir haben die Erde
aufgegraben und die Plätze gefunden, wo die Menschen der Eiszeit lebten. (…) Die Epoche vor uns kannte nur die
Vergangenheit des Menschen aus der Schrift. Die ältesten Bücher sind Homer und Hesiod und die Bibel. Sie
gaben dem Menschen Kraft und Stärke und einen weiten Blick zurück in sonst unbekannte Epochen der Entwicklung
der Menschheit. Aber alle drei Bücher sind im wesentlichen im 8.Jahrhundert v.Chr. entstanden. Sie sprechen von
früheren Zeiten, die vor ihrer Abfassung liegen, und die Urerinnerung der Menschen ist in ihnen lebendig geblieben.
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts [dem 19.Jhd.] und nach dem Ende zu wachsend begannen die Ausgrabungen,
zuerst in Mesopotamien, dann in Troja, Mykenä, Ägypten und Kreta, und der Blick der Menschheit weitete sich über
die Horizonte der großen Bücher hinaus in Welten, die unbekannt und vergangen waren. (…) das Bild, das wir jetzt
vorlegen können in der Mitte dieses Jahrhunderts [des 20.], wird also ein neues Bild sein, aber ein klares,
festgefügtes und gesichertes Bild. Wir werden die Mythen bis ins einzelne bestätigen, ergänzen und ersetzen
können...”
Aber fünf Jahre später (1959) macht sich der über 80-jährige Psychiater C.G.Jung (in seiner
1961 erschienenen Autobiographie "Erinnerungen, Träume, Gedanken") "späte Gedanken", die
sich wie eine quasi-religiöse Antwort der "anderen Seite der Medaille" auf Kühns Euphorie lesen:
"Keine Wissenschaft wird je den Mythus ersetzen, und aus keiner Wissenschaft läßt sich ein Mythus machen. (...) Der
Mythus ist oder kann zweideutig sein wie das Orakel von Delphi oder ein Traum. Wir können und sollen weder auf
den Gebrauch des Verstandes verzichten, noch sollen wir die Hoffnung aufgeben, daß der Instinkt uns zu Hilfe eile,
wobei ein Gott uns gegen Gott unterstützt, wie schon Hiob es verstanden hat. Alles nämlich, in dem der 'andere
Wille' sich ausdrückt, ist vom Menschen geformter Stoff, sein Denken, seine Worte, seine Bilder und
alle seine Beschränktheiten. (...) Wo man aber die Existenz einer unbewußten Psyche zugibt, da können die
Projektionsinhalte in angeborene instinktive Formen, die dem Bewußtsein vorausgehen, rezipiert werden. Dadurch
wird ihre Objektivität und Autonomie erhalten und die Inflation vermieden. Die Archetypen, die dem Bewußtsein
praeexistent sind und es bedingen, erscheinen in der Rolle, die sie in Wirklichkeit spielen, nämlich als apriorische
Strukturformen des instinktiven Bewußtseinsfundamentes. Sie stellen keineswegs ein An-Sich der Dinge dar,
sondern vielmehr die Formen, in denen sie angeschaut und aufgefaßt werden. Natürlich sind die Archetypen nicht die
einzigen Gründe für das Sosein der Anschauungen. Sie begründen nur den kollektiven Anteil einer Auffassung. (...)
Wenn wir daher Gott als Archetyp bezeichnen, so ist über sein eigentliches Wesen nichts ausgesagt. Wir sprechen
damit aber die Anerkennung aus, daß 'Gott' in unserer dem Bewußtsein praeexistenten Seele vorgemerkt ist und
daher keineswegs als Erfindung des Bewußtseins gelten kann. Er wird damit nicht nur nicht entfernt oder
aufgehoben, sondern sogar in die Nähe der Erfahrbarkeit gerückt. Letzterer Umstand aber ist insofern nicht
unwesentlich, als ein Ding, das keine Erfahrbarkeit besitzt, leicht als nicht existent verdächtigt werden
kann. Dieser Verdacht liegt dermaßen nahe, daß sogenannte Gottesgläubige in meinem Versuch, die primitive
unbewußte Seele zu rekonstruieren, ohne weiteres Atheismus vermuten oder wenn nicht das, dann Gnostizismus,
aber ja keine psychische Wirklichkeit, wie das Unbewußte. Wenn dieses überhaupt etwas ist, so muß es aus
entwicklungsgeschichtlichen Vorstufen unserer bewußten Psyche bestehen. (...) So wie der Körper eine anatomische
Vorgeschichte von Millionen von Jahren hat, so auch das psychische System; und wie der moderne Menschenkörper
in jedem Teil das Resultat dieser Entwicklung darstellt und überall noch die Vorstufen seiner Gegenwart
durchschimmern läßt, so die Psyche. (...) Auf dieser komplizierten Basis entsteht das Ich und wird von ihr durch das
ganze Leben getragen. (...) Ihr gegenüber ist sogar die Außenwelt von sekundärer Bedeutung, denn was soll sie,
wenn mir der endogene Antrieb fehlt, mich ihrer zu bemächtigen?"
Jung glaubt, daß diese psychoide Basis ein archetypisch-autonomer LEBENSTRIEB sei, dessen
instinktive Gestaltungskraft das willentliche Ich wie eine Art INNERER BEFEHL unbewußt
energetisch steuert und zu neurotischen Mangelerscheinungen führe, wenn sich das Individuum
dieser in ihm wirkenden kollektiven Kraftquelle verweigere. Sogesehen hätte aus Jungscher Sicht
Religion eine rituelle Schutzfunktion gegen die chaotische Inflation allzu subjektiver
Projektionen, ja er geht sogar so weit zu behaupten, der Mensch sei prinzipiell Opfer und
Instrument einer "kosmogonen Liebe", die als androgyner Gott EROS Hebamme aller Bewußtheit
sei. Spannend an dieser vermeintlich dogmatischen (altersweisen oder altersschwachen?)
Haltung ist der paradoxe Kontrast zu seiner ansonsten übervorsichtigen Betonung des bildlosen
"Numinosums" (vgl. Rudolf Otto: 'Das Heilige') aller Archetypen:
"Ich begegne immer wieder dem Mißverständnis, daß die Archetypen inhaltlich bestimmt, d.h. eine Art unbewußter
'Vorstellungen' seien. Es muß deshalb nochmals hervorgehoben werden, daß die Archetypen nicht inhaltlich, sondern
bloß FORMAL bestimmt sind, und letzteres nur in sehr bedingter Weise. Inhaltlich bestimmt ist ein Urbild
nachweisbar nur, wenn es bewußt und daher mit dem Material bewußter Erfahrung ausgefüllt ist. (...) Der Archetyp
ist ein an sich leeres, formales Element, das nichts anderes ist als eine facultas praeformandi, eine a priori
gegebene Möglichkeit der Vorstellungsform. Vererbt werden nicht die Vorstellungen, sondern die Formen, welche in
dieser Hinsicht genau den ebenfalls formal bestimmten Instinkten entsprechen. Ebensowenig wie das Vorhandensein
von Archetypen an sich, kann auch das der Instinkte nachgewiesen werden, solange sich diese nicht in concreto
betätigen."
C.G.Jung: "Die psychologischen Aspekte des Mutterarchetypus" (1938) im Autobiographie-Glossar
Diese generelle metaphysische Absurdität, die (irgendwie reale) EXISTENZ einer transzendenten
(also übersinnlichen im Sinne von nicht direkt sinnlich erfahrbaren) IDEE beweisen zu wollen,
indem man sie aus ihren konkreten (von Menschen erfundenen) SYMBOLEN ableiten möchte,
verfolgt die Menschheit, seitdem sie sich fragt, was (oder OB überhaupt "etwas" -absolutes-)
hinter den Dingen "versteckt" sei, insofern nicht nur ein Lied in ihnen schläft. Den
Psychoanalytiker Erich Fromm haben sowohl Sigmund Freuds als auch Jungs Theorien über die
Bedeutung von Religion dazu bewegt, einen Vortrag über deren unterschiedliche Ansätze zu
halten. Darin erklärt er:
"Freud hat das Problem von Psychoanalyse und Religion in einem seiner tiefsten und glänzendsten Bücher, 'Die
Zukunft einer Illusion', behandelt. Jung, der einer der ersten war, die verstanden haben, daß Mythen und religiöse
Ideen der Ausdruck tiefer Einsichten sind, hat dasselbe Thema in den Terry-Vorlesungen 1937 behandelt (publiziert
unter dem Titel 'Die Psychologie und Religion'). (...) Hält die populäre Meinung, Freud sei ein Feind und Jung ein
Freund der Religion, unserer Prüfung der Haltung beider gegenüber der Religion stand? Eine kurze Vergleichung der
Anschauungen Freuds und Jungs zeigt, daß jene Behauptung eine irreführende Übervereinfachung ist. (...) Freud
spricht im Namen des ethischen Kerns der Religion und kritisiert ihre theistisch-übernatürlichen Seiten, sofern sie die
volle Verwirklichung dieser ethischen Zielsetzungen hindern. Er erklärt die theistisch-übernatürlichen Konzeptionen
als Stadien der menschlichen Entwicklung, die einstmals notwendig und förderlich waren, jetzt aber nicht länger
nötig und tatsächlich ein Hindernis für weiteres geistig-seelisches Wachstum seien. (...) Für Jung ist ein religiöses
Erlebnis durch ein spezifisches Gefühlsmoment gekennzeichnet: Unterwerfung unter eine höhere Macht, sei
diese nun Gott genannt oder das Unbewußte. (...) Wenn wir versuchen, die jeweiligen Positionen Freuds und Jungs
auf eine kurze Formel zu bringen, dürfen wir sagen, Freud widersetzt sich der Religion im Namen der Ethik - eine
Haltung, die zweifellos 'religiös' genannt werden kann. Andrerseits führt Jung die Religion einschränkend auf ein
psychologisches Phänomen zurück und erhebt gleichzeitig das Unbewußte zu einer religiösen Erscheinung."
Erich Fromm: "PSYCHOANALYSE UND RELIGION" (1948)
Der Psyche werden durch diese quasi-platonische Überhöhung gewisse Struktur-Prinzipien
attestiert, die zwar formal leer, aber eben doch als existent vorausgesetzt sein sollen:
"Die wirklichen Tatsachen verändern sich nicht, wenn man ihnen einen anderen Namen gibt. Nur wir selber sind
davon affiziert. Wenn jemand 'Gott' als ein 'reines Nichts' auffassen sollte, so hat das mit der Tatsache eines
übergeordneten Prinzips gar nichts zu tun."
C.G.Jung: "SPÄTE GEDANKEN" (1959), in: "Erinnerungen, Träume, Gedanken" (1961)
Kein geringerer als der Religionsphilosoph Alan Watts publizierte ebenfalls im Jahre 1954 (also
zeitgleich zu Kühn fünf Jahre vor Jungs Spätwerk) eine Kritik an Jungs finalen "Tatsachen":
"Was ist Mythologie? (...) ...eine Zusammenfassung von Geschichten - zum Teil Tatsachen, zum Teil Legenden, die
die Menschen aus verschiedenen Gründen als Darstellungen der inneren Bedeutung des Weltalls und des
menschlichen Lebens betrachten. Mythus ist etwas ganz anderes als Philosophie im Sinn abstrakter Begriffe. Denn
Mythus ist immer konkrete Gestalt und besteht aus lebendigen, den Sinnen faßbaren Erzählungen, Bildern, Riten,
Zeremonien und Symbolen. (...) Doch ist es nicht leicht, festzustellen, warum zu gewissen Zeiten einige dieser
ungewöhnlichen Erzählungen, gewisse Bilder und Symbole das 'Weltgefühl' einer Unzahl von Menschen
auszudrücken scheinen und eine so zwingende und bewegende Kraft ausüben, daß die Menschen den Eindruck
gewinnen, das Leben selbst hinge von ihrer Wiederholung und Wiederbelebung ab. (...) Deshalb sollten wir zwei
andere Theorien über den Mythus in Betracht ziehen. Die eine stammt aus den Forschungen des Schweizer
Psychologen C.G.Jung. Einfach dargelegt, behauptet diese Theorie, daß der Mythus aus Träumen und
unmittelbarer Phantasie entspringt und viel weniger ein willkürlicher Versuch ist, irgendetwas zu erklären.
Grundlegend hierfür ist die Entdeckung, daß Träume und freie Phantasien von Tausenden moderner Patienten die
gleichen Motive, Vorwürfe und Bilder aufzeigen wie die alten Mythologien, und diese sehr häufig ohne die geringste
mythologische Kenntnis entstehen. Jung gibt dafür eine viel einfachere und unmittelbarere Erklärung als dies seine
Sprachweise zuerst erkennen läßt. Seine Theorie von der Entstehung des Mythus aus dem kollektiven
Unbewußten klingt höchst spekulativ und 'mystisch' und wird deshalb von Liebhabern der wissenschaftlichen
Objektivität nicht gern anerkannt. Das Kollektive, Unbewußte aber ist nicht eine Art von transzendentalem Phantom,
das alle menschlichen Wesen durchdringt. Man denke an den menschlichen Körper. (...) Der Vorgang, nach dem sich
diese Gestalt entwickelt, ist unbewußt. Somit ist das kollektiv Unbewußte nur ein Name für diesen Vorgang, der
unbewußt und allen Menschen gemeinsam ist. (...) Jung glaubt, sehr sichere Hinweise dafür zu haben, daß Träume
und Phantasien Symptome sind für die Richtungen, die unbewußte psychologische Vorgänge einschlagen. Mit
anderen Worten, daß diese dem Psychologen die Möglichkeit geben, den seelischen Zustand von Gesundheit oder
Krankheit in gleicher Weise festzustellen wie Puls, Blutbild oder Urinanalyse dem Arzt die Bestimmung des
allgemeinen körperlichen Gesundheitszustandes ermöglichen. (...) Nach seiner Meinung heilt der Psychiater am
erfolgreichsten, wenn er die seelischen Vorgänge unterstützt, die sowohl unbewußt, schöpferisch und heilend und
allen gemeinsam sind. Dies führte ihn dazu, der 'Weisheit' des psychologischen Unbewußten zu vertrauen und diese
zu achten, ebenso wie der Arzt der genialen Weisheit des Körpers vertraut. Was uns hier besonders angeht, ist Jungs
Behauptung, daß Träume und Phantasien seelisch gesunder Menschen der allgemeinen Form jener großen Mythen
ähneln, die den geistigen und religiösen Traditionen der Menschen zugrunde liegen. (...) Allgemein ausgedrückt
behauptet demnach Jungs Theorie, daß die großen kollektiven Mythen in gewisser Weise die heilende und
schöpferische Arbeit des unbewußten seelischen Vorganges im Menschen darstellen, dem er vertrauen, den er
achten und in seinem bewußten Denken und Handeln unterstützen muß. (...) In seiner Deutung der Symbole und
Mythen bleibt aber etwas Unbefriedigendes; denn der letzte 'Sinn', den er herausfindet, ist eine Lebensauffassung
und psychologische Philosophie, die Jungs persönliche Hypothese bedeutet, auch wenn eine Anzahl universaler und
altehrwürdiger Elemente darin enthalten sind."
Alan Watts: "Mythus und Ritus des Christentums. Anatomie einer Verblendung" (1954)
Neurophilosophisch lässt sich diese Glaubensfrage zeitgemäß auf folgenden PUNKT bringen:
"Dass da etwas ist, bezweifelt keiner. Und dass dieses Sein Energie ist (die ENERGEIA der Griechen), sieht man
schon, wenn man die Natur ringsum betrachtet. Die Frage ist nur: WARUM gibt es etwas? (...) Die Frage geht
über Gott hinaus, weil sie ihn einschließt: Warum Gott und nicht nichts? Die Frage nach der Existenz des Seins ist die
erste und eine, die sich immer wieder stellt. Niemand kann sie beantworten. Die Behauptung, das Sein sei ewig, ist
noch keine Erklärung. Dass es immer ein Sein gab, erspart uns, nach dessen Anfang oder Ursprung zu suchen, nicht
aber, nach dessen Grund. (...) Die Philosophen entgehen dem Mysterium genauso wenig wie Physiker oder
Theologen. Warum der Urknall und nicht nichts? (...) Warum das alles und nicht nichts? Die Frage 'Warum gibt es
etwas und nicht nichts?' ist umso zwingende, als als eine Antwort unmöglich ist. Das macht sie so faszinierend,
erhellend, anregend: Sie verweist uns auf das, was ich das Mysterium des Seins nenne und das von dessen
Evidenz untrennbar ist. Die Frage weckt uns aus unserem positivistischen Schlummer. (...) Sie verweist uns auf unser
erstes Staunen: Es gibt etwas und nicht nichts! (...) Die Existenz des Seins ist also zutiefst mysteriös, und dieses
Mysterium ist unbezwinglich. Weil es undurchdringlich ist? Im Gegenteil: weil wir mittendrin sind. Weil es zu dunkel
ist? Im Gegenteil: weil es das Licht selbst ist. (...) Das 'ozeanische Gefühl' gehört keiner Religion, keiner Philosophie,
und so soll es auch sein. Es ist kein Dogma und kein Glaubensakt. Es ist eine Erfahrung. (...) Ist es eine Ekstase? Ich
würde dieses Wort nicht benutzen, weil es kein Außen mehr gibt, in das man geraten könnte. (...) Eine Vision? Nicht
in dem Sinn jedenfalls, wie man das Wort gemeinhin versteht. Ich habe nie etwas Schlichteres, etwas Natürlicheres
erlebt. Ein Mysterium? Zweifellos, aber untrennbar von einer Selbstverständlichkeit. Eine Offenbarung? Wenn
man will. Aber ohne Botschaft oder Geheimnis."
André Comte-Sponville: "Woran glaubt ein Atheist? Spiritualität ohne Gott" (2006)
Das ist ein erstaunliches, beinahe mutiges Bekenntnis zur persönlichen mystischen Erfahrbarkeit
eines transpersonalen (also die humanistische Ich-Zentrale des Individuums übersteigenden)
Bewußtseinszustandes, der früher nur auserwählten Propheten und erleuchteten Meistern erlaubt
war, die darüber hinaus den chaotischen Inhalt der Offenbarung zunächst gemäß ihrer
kulturellen Rahmenbedingungen in ein modisch (ideologisch) relevantes Kleid pressen mußten,
das sich für andere (breit grinsende) Eingeweihte zwar wie des Kaisers neue Kleider anfühlt,
nämlich archetypisch leer, aber durch die rabenschwarz getönten Sonnenbrillen des religiös
bevormundeten Volkes die Nacktheit des gläsernen Körpers verschleierte, damit kein Tumult in
den Köpfen erwache. Denn die verbotene Nacktheit der kOMplett entprojizierten, totaldisidentifizierten (also gewissermaßen "genullten") Seele ließ den antiken Menschen
angeblich noch mehr erschaudern als den heute noch oftmals verschüchterten und nur halb
aufgeklärten sogenannten "modernen" Menschen, wie wir aus einer ganz anderen Disziplin
wissen: der Mathematik. Im Land des Zählwesens erfanden die Babylonier nämlich aus ganz
praktischen Gründen um 300 v.Chr. einen "bodenlosen" Ort: die Unzahl Null, zunächst nur als
symbolischen PLATZHALTER in Form zweier schräggestellter Keile (gemäß einer leeren Spalte auf
dem bis dahin verwendeten Abakus, dem Rechenschieber mit Steinchen), damit der
wortwörtliche Stellenwert der restlichen Ziffern eindeutig war. Aber trotz aller Nützlichkeit dieser
"wertfreien" Ziffer bewirkte die Entdeckung der NACKTHEIT DER NULL als symbolische Zahl für
absolute Substanzlosigkeit, daß sie sowohl Römer wie auch Griechen nur widerwillig duldeten:
"Wir können es uns heute kaum vorstellen, daß man sich vor einer Zahl fürchtet. Aber die Null ist unausweichlich mit
der Leere - mit dem Nichts - verknüpft. Dem Menschen graute es schon immer vor Leere und Chaos. Also empfand
er auch eine urtümliche Angst vor der Null. Die meisten alten Völker glaubten, daß vor der Entstehung der Welt nur
Leere und Chaos herrschten. Die Griechen waren davon überzeugt, daß die Dunkelheit die Urmutter aller Dinge
sei und daß aus der Dunkelheit das Chaos entspringe. Dunkelheit und Chaos brachten dann die übrige
Schöpfung hervor. Nach den hebräischen Schöpfungsmythen war die Erde wüst und leer, bis Gott sie mit Licht
überflutete und mit seinen Geschöpfen bevölkerte. Die älteren hinduistischen Überlieferungen berichten von einem
Schöpfer, der die Butter des Chaos in die Erde schlägt, und altnordische Mythen künden von einer offenen Leere, die
mit Eis bedeckt wurde; aus dem Chaos, das aus der Vermischung von Feuer und Eis hervorging, entsprangen dann
Giganten. Leere und Unordnung kennzeichneten folglich den urzeitlichen, natürlichen Zustand des Kosmos, und
ständig nagte an den Menschen die Furcht, am Ende aller Zeiten könnten Chaos und Leere wieder die Oberhand
gewinnen. Die Null repräsentierte ebendiese Leere. Die Furcht vor der Null war jedoch keineswegs nur ein
Unbehagen angesichts der Leere, sondern sie ging tiefer. Für die Völker der Antike waren die mathematischen
Eigenschaften der Null unverständlich, ebenso von einem Schleier des Geheimnisses umgeben wie die Geburt des
Kosmos. (...) Der ganze griechische Kosmos ruhte auf dieser einen Säule: Es gibt keine Leere."
Charles Seife: "Zwilling der Unendlichkeit. Eine Biographie der Zahl Null" (2000)
Ob es nun also "die" LEERE (als abstrakte Form oder konkrete Inhaltslosigkeit?) und damit "das"
CHAOS (als GOTT hinter den Göttern?) oder den astrophysikalischen Urknall (als sagenhafte
Singularität?) "an sich" gibt oder nicht gibt bzw. was "geben" (im Sinne von "exISTieren")
eigentlich (d.h. absolut isoliert betrachtet) überhaupt (also über das denkende Haupt hinweg)
bedeutet, scheint in sehr vielen Disziplinen eine so verzwickte Angelegenheit zu sein, wie es
schon William James in der Metapher der unendlichen Reihe Schildkröten, die auf dem
Rücken der nächsten Schildkröte stehen, für den inflationären Versuch ausdrückt, etwas
"Letztes" zu begreifen, worüber sich manche Traditionen meditativ ausschweigen. Wir begnügen
uns daher mit den bisherigen Ausführungen und tauchen lieber noch einmal in Hesiods
GESCHICHTE selbst ein, um diesen altgriechischen Mythos vom "Ursprung" der Welt in seiner
bezaubernden Bildgewalt zu genießen:
Gustav Schwab: "DIE SCHÖNSTEN SAGEN DES KLASSISCHEN ALTERTUMS" (1838–1840):
"Die mächtigsten Gottheiten der alten Zeit - wie Gaia (Gäa), die Erdmutter, Okeanos, der Weltenstrom, Zeus, der
Wetter- und Himmelsbeherrscher - waren Naturgötter. In ihnen verkörperten sich für die Menschen der Frühzeit die
Gewalten der Elemente, denen sie gegenüberstanden. Ihren Willen zu enträtseln, sie durch Verehrung und Opfer
günstig zu stimmen, war der Inhalt ihrer Religion. (...) Im Anfang herrschte, wie der Dichter Hesiod erzählt, das
Chaos, die gestaltlose Leere. Ihm entsprang Gaia, die Erde, und Eros, die Liebe. Gaia erzeugte aus sich selbst
Gebirge, Meer und Himmel und mit dem Himmel (Uranos) gemeinsam die Titanen. Der Titan Kronos beraubte
seinen Vater Uranos der Herrschaft und verstümmelte ihn mit einer Sense. Aus dem Blut des Verwundeten
erwuchsen die Rachegöttinnen (Erinnyen), die Giganten und Nymphen. Kronos, der die Herrschaft an sich
gerissen hatte, vermählte sich mit der Titanin Rhea. Unter seinen Kindern ragen besonders Demeter und Hera,
Hades und Poseidon hervor. Der jüngste seiner Söhne, Zeus, begann vom Olymp, einem Berg in der Landschaft
Thessaliens, den Kampf gegen Kronos, der mit dem Sieg des Olympiers endete. Zeus ist von nun an der
Weltbeherrscher. Seinen Brüdern Poseidon und Hades überläßt er das Meer und die Unterwelt. Auf dem Olymp
stehen die von Hephästos, dem Gott des Feuers und der Schmiedekunst, errichteten Götterpaläste. Sie ragen
in den Himmel, an dem täglich der Sonnengott Helios und die Gestirne auf- und niedersteigen. Die Erde ist eine
Scheibe und wird von Okeanos, dem Weltstrom, umflossen. Zeus, als Sohn des Kronos der Kronide genannt,
lenkt Wolken, Regen, Schnee, Hagel, Donner und Blitz und ist der Ordner und Erhalter der Welt. (...) Seine
Gemahlin Hera ist die Beschützerin der Ehe und der Familie. Athene, die Lieblingstochter des Zeus, ist
besonders durch Klugheit und Mut ausgezeichnet. (...) Aphrodite gilt als die Göttin der Schönheit und der Liebe,
sie ist die Gemahlin des lahmen und häßlichen, dafür aber kunstreichen Hephästos. (...) Zu den Nebengöttern
werden Helios (Sonne), Selene (Mond) und Eos (Morgenröte) gezählt. (...) Tief im Meer thront Poseidon, der
Beherrscher der Wogen, mit seiner Gemahlin Amphitrite. (...) Im Totenreich gebieten Hades und seine
Gemahlin Persephone. Hier sind auch Hypnos (Schlaf), Thanatos (Tod), der Höllenhund Kerberos
(Zerberus) und Charon, der Fährmann am Unterweltsfluß Acheron, zu finden. Demeter ist wie Gaia die
Göttin der Erde. Sie ist die Stifterin des Ackerbaus, der Feldfrüchte und des Gedeihens, aber auch der Sitten.
Dionysos (Bacchus) wird als Gott des Rausches, der Begeisterung und als der Gebieter über den Wahnsinn
verehrt. Von dem dicken Zecher Silenos, von Satyrn und Mänaden begleitet, zieht er durch die Lande und
verwirrt die Menschen."
Und genau hier schließt sich der kosmische Kreis auf eine schockierende Weise, denn das
vorweltliche Urchaos ist nun als ein künstliches Ersatzchaos doch in den Köpfen der
distopisch-drogenverseuchten Menschheit ausgebrochen (und selbst der beste Psychotherapeut
kann hier keine Heilung erzwingen, denn auch er ist kein allmächtiger Gott), die sich im radikalpositivistischen Endspurt-Leerlauf wie sonnenlichtscheue Zombies verrennt anstatt sich auf
ihre galaktische Tiefendimension zu besinnen: die reale Sonne (HELIOS & APOLLON), um die
unser Heimatplanet Erde (GAIA & DEMETER) mit schwindelerregender Geschwindigkeit durch das
reale Vakuum (URANOS, KOSMOS & ATLAS) schlingert, was einem tagtäglich den Atem auch
ohne bewußtseinserweiternden Drogenkonsum rauben würde, wenn wir nicht dank der
hauchdünnen Atmosphäre einen kühlen Kopf bewahren könnten! Denn wie gesagt bleibt die
allerletzte Frage für uns offen: WURDE DAS URSPRÜNGLICHE URCHAOS, AUS DEM DIE WELT
HERVORGING, AUCH VON IRGENDWEM ODER IRGENDWAS ERSCHAFFEN - ODER BESTEHT ES
GANZ EINFACH NUR AUS UNVORSTELLBARER LEERE JENSEITS DER LEERE DER LEERE AD
INFINITUM, DEREN RÜCKSEITE HINTER DEM INFLATIONÄREN ENDE VIELLEICHT GAR NICHT
EXISTIERT? Ein urängstlicher Mensch, der diese banale Bodenlosigkeit fürchtet, weil er keine
gedanklichen Flügel zum abgrundtief grundlosen Schweben entwickeln durfte (Achtung:
der heilsame Mythos vom URENGEL in uns wird in einer anderen Märchenstunde erzählt!) würde
sich hier vielleicht wieder mit seinem Aberglauben an irgendein freundliches GOTTESBILD
zufrieden geben, während die entkernte Seele eines tanZENden Herzens, das keinen festen
Atomkern benötigt, um sich als Bestandteil oder -welle eines holistischen Bioresonanzfeldes zu
spüren, auf das gnostische PLEROMA (als Urgott hinter ABRAXAS) verweisen könnte, das
C.G.Jung in seinen von ihm als Jugendsünde bezeichneten "Septem Sermones ad Mortuos"
(Die sieben Belehrungen der Toten) 1916 visionär beschrieb:
"Gott ist Creatur, denn er ist etwas bestimmtes und darum vom Pleroma unterschieden. Gott ist eigenschaft des
Pleroma, und alles, was ich von der Creatur sagte, gilt auch von ihm. Er unterscheidet sich aber von der Creatur
dadurch, daß er viel undeutlicher und unbestimmbarer ist, als die Creatur. Er ist weniger unterschieden als die
Creatur, denn der grund seines wesens ist wirksame Fülle, und nur insofern er bestimmt und unterschieden ist, ist er
Creatur, und insofern ist er die verdeutlichung der wirksamen Fülle des Pleroma. Alles, was wir nicht
unterscheiden, fällt ins Pleroma und hebt sich mit seinem gegensatz auf. Darum, wenn wir Gott nicht
unterscheiden, so ist die wirksame Fülle für uns aufgehoben. Gott ist auch das Pleroma selber, wie auch jeder
kleinste punkt im geschaffenen und im ungeschaffenen das Pleroma selber ist. (...) Gott und Teufel sind
unterschieden durch voll und leer, zeugung und zerstörung. Das WIRKENDE ist ihnen gemeinsam. Das Wirkende
verbindet sie. Darum steht das Wirkende über beiden und ist ein Gott über Gott, denn es vereinigt die Fülle und die
Leere in ihrer wirkung. Dies ist ein Gott, von dem ihr nicht wußtet, denn die Menschen vergaßen ihn. Wir nennen ihn
mit seinem namen ABRAXAS. Er ist noch unbestimmter als Gott und Teufel. Um Gott von ihm zu unterscheiden,
nennen wir Gott HELIOS oder Sonne. (...) Hätte das Pleroma ein wesen, so wäre der Abraxas seine verdeutlichung.
Er ist zwar das wirkende selbst, aber keine bestimmte wirkung, sondern wirkung überhaupt. Er ist unwirklich
wirkend, weil er keine bestimmte wirkung hat. Er ist auch Creatur, da er vom Pleroma unterschieden ist. (...) Er ist
die gewaltigste Creatur und in ihm erschrickt die Creatur vor sich selbst. Er ist der geoffenbarte
widerspruch der Creatur gegen das Pleroma und sein nichts. Er ist das entsetzen des sohnes vor der
mutter. Er ist die liebe der mutter zum sohne. Er ist das entzücken der erde und die grausamkeit der
himmel. Der mensch erstarrt vor seinem antlitz. Vor ihm giebt es nicht frage und nicht antwort. (...)
Jeder Stern ist ein gott und jeder raum, den ein stern füllt, ist ein teufel. Das leervolle des ganzen aber ist das
Pleroma. Die wirkung des ganzen ist der Abraxas, nur unwirkliches steht ihm entgegen. (...) Die vielzahl der götter
entspricht der vielzahl der menschen. Unzählige götter harren der menschwerdung. Unzählige götter sind menschen
gewesen. Der Mensch hat am wesen der götter teil, er kommt von den göttern und geht zum Gotte. So, wie es sich
nicht lohnt über das Pleroma nachzudenken, so lohnt es sich nicht, die vielheit der götter zu verehren. Am wenigsten
lohnt es sich, den ersten Gott, die wirksame Fülle und das summum bonum, zu verehren. Wir können durch unser
gebet nichts dazu tun und nichts davon nehmen, denn die wirksame Leere schluckt alles in sich auf. Die hellen götter
bilden die himmelswelt, sie ist vielfach und unendlich sich erweiternd und vergrößernd. Ihr oberster herr ist der Gott
Sonne. Die dunkeln götter bilden die erdenwelt. Sie ist einfach und unendlich sich verkleinernd und vermindernd. Ihr
unterster herr ist der Teufel, der mondgeist, der trabant der erde, kleiner und kälter und toter als die erde. Es ist
kein unterschied in der macht der himmlischen und der erdhaften götter. Die himmlischen vergrößern, die erdhaften
verkleinern. Unermeßlich ist beiderlei richtung. (...) Der mensch ist ein thor, durch das ihr aus der außenwelt der
götter, daemonen und seelen eintretet in die innenwelt, aus der größeren welt in die kleinere welt. (...) In
unermeßlicher entfernung steht ein einziger stern im zenith. Dies ist der eine Gott dieses einen, dies ist
seine Welt, sein Pleroma, seine göttlichkeit. In dieser welt ist der mensch der Abraxas, der seine welt
gebiert oder verschingt. Dieser stern ist der Gott und das ziel des menschen. (...) Das gebet mehrt das licht
des sternes, es schlägt eine brücke über den tod, es bereitet das leben der kleineren welt, und mindert das
hoffnungslose wünschen der größeren welt. Wenn die größere welt kalt wird, leuchtet der stern."
Wenn also die Götterfunken erlöschen (die SYMBOLE uns anschweigen), brennt dieses Feuer der
SEHNSUCHT in der empfänglichen Seele des "zeitwachen" Menschen weiter, das SEIN nach dem
SINN seiner Existenz zu befragen, indem er mit weit geöffneten Sinnen den "chaotischen"
Urgott hinter allen Göttern im Mitmenschen befreit staunend visioniert, soll heißen: ihn und
sich SELBST nicht nur als ausweglos psychisch Befangene behandelt sondern auch als bereits BEI
SICH (GEGENSEITIG) angekOMmene, von leerem Licht durchflutete Geschöpfe WAHR-nimmt...
"Im Ansatz der Stimme des Priesters höre ich den Urschrei der Dschungelkreatur. Er ist aber abgewandelt,
ausgebaut, verfeinert und über die Jahrhunderte von der Kultur geformt worden. Jeder neue Spielzug, jede weitere
Verfeinerung, diente dazu, die Wirkung des Urschreis zu verbessern. (...) Die Menschen um mich herum sind
nicht mehr die alltäglichen, geplagten kleinen Persönlichkeiten mit Namen, Adressen und Altersversicherungsnummern und auch nicht länger die auf eine bestimmte Dauer programmierten Sterblichen, die wir alle zu sein
vorgeben. Ohne ihre Menschlichkeit verloren zu haben, sehen sie eher aus wie ihre unsterblichen Archetypen.
Ähnlich wie die Stimme des Priesters manifestieren ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten die ganze Geschichte der
Menschheit. Sie sind gleichzeitig einmalig und ewig, ebenso Männer und Frauen wie Götter und Göttinnen. Da wir
genug Zeit haben, um uns gegenseitig anzusehen, sind wir zeitlos geworden. Die menschliche Form des Lebens
erscheint nun unermesslich kostbar. (...) Ich versuche, die Worte zu finden, um eine Ahnung der himmlischen,
mythologischen Eigenschaften dieser Menschen zu vermitteln. Sie sind mir aber gleichzeitig so vertraut, als
würde ich sie seit Jahrhunderten kennen. Ich erblicke in ihnen verlorene Freunde aus einem Land, das vor den
Welten erschaffen worden war, und die ich schon am Anfang der Zeit gekannt habe. Natürlich ist diese Erinnerung
mit dem Wiedererkennen meiner eigenen uralten Identität verknüpft."
Alan Watts: "KOSMOLOGIE DER FREUDE" (1962)
"Davon, daß es ein nicht psychisches, transzendentes Objekt gibt, ist die
Naturwissenschaft stillschweigend überzeugt. Sie weiß aber auch, wie
schwierig es ist, die wirkliche Natur des Objekts zu erkennen, namentlich
dort, wo das Organ der Wahrnehmungen versagt oder gar fehlt, und wo
passende Denkformen nicht vorhanden sind, beziehungsweise erst noch
erschaffen werden müssen. In jenen Fällen, wo weder unsere
Sinnesorgane noch deren künstliche Hilfsapparate das Vorhandensein
eines realen Objekts verbürgen, wachsen die Schwierigkeiten ins
Ungeheure, so daß man sich versucht fühlt zu behaupten, es sei
überhaupt kein reales Objekt vorhanden."
C.G.Jung: "Erinnerungen, Träume, Gedanken" (1961)
"Der Begriff des Archetypus (...) wird aus der vielfach wiederholten
Beobachtung, daß zum Beispiel die Mythen und Märchen der
Weltliteratur bestimmte, immer und überall wieder behandelte MOTIVE
enthalten, abgeleitet. (...) Sie gehen hervor aus dem an sich
unanschaulichen Archetypus, einer unbewußten Vorform, die zur
vererbten Struktur der Psyche zu gehören scheint und sich infolgedessen
überall auch als spontane Erscheinung manifestieren kann."
C.G.Jung: "Das Gewissen in psychologischer Sicht" (1958)
GAIA © G&GN, 27.4.2010 (Berlin-Washingtonplatz)
Tom (de) Toys, 1987
UNTERWEGS
Die ewige Mitte auf allen Wegen
Der Zufall dient als einziger Segen
Beim Leben Lernen auf Erden
Immer anwesender sterben und werden
"Am Dienstag, den 13. März [1781], zwischen 10 und 11 Uhr abends, als ich die kleinen Sterne in der Nachbarschaft
von H Geminorum [Zwillinge] untersuchte, bemerkte ich einen, der deutlich größer als die übrigen erschien.
Beeindruckt von seiner ungewöhnliche[n] Größe verglich ich ihn mit H Geminorum und dem kleinen Stern im Viereck
zwischen dem Fuhrmann und den Zwillingen und da er umso vieles größer als diese war, vermutete ich, daß er ein
Komet sei. (...) Die Stärke, die ich gerade gebrauchte, als ich den Kometen erstmals sah, war 227fach. (...) Zudem
erschien der Komet, der schon weit stärker vergrößert war, als sein Licht eigentlich erlaubte, bei dieser großen Kraft
[460 und 932] verschwommen und undeutlich, wohingegen die Sterne ihren Glanz und ihre Schärfe behielten, die
sie, wie ich aus vielen tausend Beobachtungen wußte, bewahren würden. Im folgenden hat sich gezeigt, daß meine
Vermutung wohl gegründet war, es erwies sich, daß das, was wir kürzlich beobachtet hatten, ein Komet ist."
Friedrich Wilhelm Herschel: "Bericht über einen Kometen - die Entdeckung des Uranus" (1781)
URANOS © G&GN, 27.4.2010 (Berlin-Washingtonplatz)
L I T E R A T ur V E R Z E I C H N I S
1. NAMEN & QUELLEN:
Areopagita, Pseudo-Dionysius (ca.500 n.Chr.): Begründer der Negativen Theologie
"Ich schaute Gott im Schweigen", Herder 1985
Bialas, Volker (geb. 1938): deutscher Wissenschaftshistoriker und Philosoph
"Vom Himmelsmythos zum Weltgesetz - Eine Kulturgeschichte der Astronomie", Ibera 1998
Comte-Sponville, André (geb. 12.3.1952): französischer Philosoph
"Woran glaubt ein Atheist? Spiritualität ohne Gott", Diogenes 2009 (Originalausgabe 2006)
Fromm, Erich (23.3.1900-18.3.1980): deutsch-amerikanischer Sozialpsychologe
"PSYCHOANALYSE UND RELIGION", Goldmann 1979 (Originalausgabe 1950)
Gebser, Jean (20.8.1905 - 14.5.1973): Schweizer Kulturphilosoph
"Ursprung und Gegenwart", DVA 1949-1953
Hamel, Jürgen (geb. 6.6.1951): Philosoph mit Schwerpunkt Astronomiegeschichte
"Astronomiegeschichte in Quellentexten: Von Hesiod bis Hubble"
Spektrum Akademischer Verlag 1996
Hammerle, Beatrix (geb. 19xx): Grenzwissenschaftlerin zwischen Volksweisheit und Astrologie
"EIN PLANET FÜR JEDEN TAG", Pinguin 1998
Herschel, Friedrich Wilhelm (15.11.1738 - 25.8.1822): deutsch-britischer Astronom
Entdecker des Planeten Uranus (13.3.1781) und der Infrarotstrahlung (1800)
"Bericht über einen Kometen - die Entdeckung des Uranus" ("Account of a Comet, communicated by Dr. Watson."),
Erstveröffentlichung in: "Philosophical Transactions of the Royal Society of London 71", 1781
Hesiod (griech. Hesíodos, ca. 700 v. Chr.): griechischer Dichter
"Theogonia" (Entstehung der Welt und der Götter sowie eine Abfolge der Götterherrschaft),
neben der Odyssee und der Ilias von Homer die älteste bekannte Quelle der Griechischen Mythologie.
Jäger, Willigis bzw. Ko-un Rōshi (geb. 7.3.1925): deutscher Benediktinermönch, Zen-Meister und Mystiker
"Geh den inneren Weg", Herder 1999 & "Wiederkehr der Mystik - Das Ewige im Jetzt erfahren", 2004
Jung, Carl Gustav (26.7.1875 - 6.6.1961): Begründer der Analytischen Psychologie
"VII SERMONES AD MORTUOS" (Die sieben Belehrungen der Toten. Geschrieben von Basilides in Alexandria,
der Stadt, wo der Osten den Westen berührt.), in: "Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G.Jung.
Aufgezeichnet und herausgegeben von Aniela Jaffé" (1961), Walter 1971
(Erstveröffentlichung: Privatdruck-Broschüre für Freunde (1916)
Jungk, Robert (11.5.1913 - 14.7.1994): Zukunftsforscher und Alternativer Nobelpreisträger
"Die neue Gnosis", in: "Jenseits der Erkenntnis" (Hrsg. L. Reinisch), Suhrkamp 1977
Kühn, Herbert (29.4.1895-25.6.1980): deutscher Prähistoriker
"Das Erwachen der Menschheit", Fischer 1954
Otto, Rudolf (25.9.1869 - 6.3.1937): Professor für evangelische Theologie
"Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen", 1917
Schwab, Gustav (Benjamin) (19.6.1792 - 4.11.1850): Pfarrer und Schriftsteller
"Die schönsten Sagen des klassischen Altertums" (1838–1840) DTV 2005
Seife, Charles (geb. 19xx): Journalist
"Zwilling der Unendlichkeit. Eine Biographie der Zahl Null", Goldmann 2002 (Originalausgabe 2000)
(De) Toys, Tom (24.1.1968 - 21.6.2100): Erfinder der Quantenlyrik
"LOCHiSMUß LEiCHTGEMACHT", G&GN 2007 (erweiterte Neuausgabe Herbst 2010)
Watts, Alan W. (6.1.1915 - 16.11.1973): britisch-amerikanischer Religionsphilosoph
"KOSMOLOGIE DER FREUDE", AT 2000 (Originalausgabe: 1962) &
"Mythus und Ritus des Christentums. Anatomie einer Verblendung", Heyne 1991 (Originalausgabe 1954)
Zwerenz, Gerhard (geb. 3.6.1925): Schriftsteller und ehem. Bundestagsabgeordneter
"MAGIE STERNENGLAUBEN SPIRITISMUS. Streifzüge durch den Aberglauben", Urania 1956
2. GRAFIKEN & FOTOS:
© Wikipedia: Screenshots der Diagramme / Planeten: IAU (A.Barmettler) / Olymp: Wikihase / Psychro: I.Wölbern
© Hubble-Weltallbilder: Google-Archiv / MEINE IN BERLIN 2010: 27.4. Washingtonplatz & 5.5. Marx-Engels-Forum
3. FETTSCHRIFT & UNTERSTREICHUNGEN IN ORIGINALZITATEN:
Alle Hervorhebungen erfolgten durch den Autor dieses Essays. Die eigentümliche Orthografie bei C.G.Jung wurde
originalgetreu beibehalten. Kursiv betonte Wörter wurden in Großschrift gesetzt.
4. ANHANG (incl. OLYMPISCHE GÖTTER):
Weiterführende Zitate, die andere Aspekte des Themas beleuchten...
© by POEMiE ™ / G&GN-INSTITUT: www.G-GN.de
"Himmel und Erde waren geschaffen; das Meer wogte in seinen Ufern, und die Fische spielten darin; in den Lüften
sangen beflügelt die Vögel; der Erdboden wimmelte von Tieren. Aber noch fehlte es an dem Geschöpfe, das fähig
war, die Erdenwelt zu beherrschen. Da betrat der kluge Prometheus die Erde. Er war ein Sprößling des alten
Göttergeschlechts, das von Zeus entthront worden war, ein Sohn des erdgeborenen Uranussohnes Japetus. Dieser
wußte wohl, daß im Erdboden der Same des Himmels schlummere; darum nahm er vom Ton, befeuchtete ihn mit
dem Wasser des Flusses und formte daraus ein Gebilde nach dem Ebenbilde der Götter, der Herren der Welt. Diesen
seinen Erdenkloß zu beleben, entlehnte er allenthalben von den Tierseelen gute und böse Eigenschaften und schloß
sie in die Brust des Menschen ein. Unter den Himmlischen hatte er eine Freundin, Athene, die Göttin der Weisheit.
Diese bewunderte die Schöpfung des Titanensohnes und blies dem halbbeseelten Bilde den Atem ein. So entstanden
die ersten Menschen und füllten bald vervielfältigt die Erde. Lange aber wußten sie nicht, wie sie sich ihrer edlen
Glieder und des empfangenen Götterfunkens erfreuen sollten. Sehend sahen sie umsonst, hörten hörend nicht; wie
Traumgestalten liefen sie umher und wußten sich der Welt nicht zu bedienen. (...) Unter der Erde, in sonnenlosen
Höhlen, wimmelte es von ihnen wie von beweglichen Ameisen: (...) planlos war alles, was sie verrichteten. Da
nahm sich Prometheus seiner Geschöpfe an: (...) er erfand ihnen die Kunst zu erzählen, die
Buchstabenschrift; (...) zeigte ihnen die Mischung milder Heilmittel, allerlei Krankheiten damit zu
vertreiben. (...) Im Himmel herrschte mit seinen Kindern seit kurzem Zeus, der seinen Vater Kronos entthront und
das alte Göttergeschlecht, von welchem auch Prometheus abstammte, gestürzt hatte. Jetzt wurden die neuen Götter
aufmerksam auf das eben entstandene Menschenvolk. Sie verlangten Verehrung von ihm für den Schutz, welchen sie
ihm gewähren wollten."
Gustav Schwab: "DIE SCHÖNSTEN SAGEN DES KLASSISCHEN ALTERTUMS" (1838–1840)
"Das Nichts ist dasselbe wie die Fülle. In der unendlichkeit ist voll so gut wie leer. (...) Ein unendliches und ewiges
hat keine eigenschaften, weil es alle eigenschaften hat. Das Nichts oder die Fülle nennen wir das PLEROMA.
Dort drin hört denken und sein auf, denn das ewige und unendliche hat keine eigenschaften. (...) Im
Pleroma ist nichts und alles: es lohnt sich nicht über das Pleroma nachzudenken, denn das hieße: sich selber
auflösen. Die CREATUR ist nicht im Pleroma, sondern in sich. Das Pleroma ist anfang und ende der Creatur. Es geht
durch sie hindurch, wie das sonnenlicht die luft überall durchdringt. Obschon das Pleroma durchaus hindurch geht,
so hat die Creatur doch nicht theil daran, so wie ein vollkommen durchsichtiger körper weder hell noch dunkel wird
durch das licht, das durch ihn hindurch geht. Wir sind aber das Pleroma selber, denn wir sind ein theil des ewigen
und unendlichen. Wir haben aber nicht theil daran, sondern sind vom Pleroma unendlich weit entfernt, nicht räumlich
oder zeitlich, sondern WESENTLICH, indem wir uns im wesen vom Pleroma unterscheiden als Creatur, die in zeit und
raum beschränkt ist. Indem wir aber theile des Pleroma sind, so ist das Pleroma auch in uns. Auch im kleinsten
punkt ist das Pleroma unendlich, ewig und ganz, denn klein und groß sind eigenschaften, die in ihm
enthalten sind. Es ist das Nichts, das überall ganz ist und unaufhörlich. (...) Die Creaturen sind entstanden,
nicht aber die Creatur, denn sie ist die eigenschaft des Pleroma selber, so gut wie die nichtschöpfung, der ewige
Tod. Creatur ist immer und überall, Tod ist immer und überall. Das Pleroma hat alles, unterschiedenheit und
ununterschiedenheit. (...) In uns ist das Pleroma zerrissen. (...) Ihr sollt nicht vergessen, daß das Pleroma keine
eigenschaften hat. Wir erschaffen sie durch das denken. Wenn ihr also nach verschiedenheit oder gleichheit oder
sonstigen eigenschaften strebt, so strebt ihr nach gedanken, die euch aus dem Pleroma zufließen, nämlich gedanken
über die nichtseienden eigenschaften des Pleroma."
C.G.Jung: "VII SERMONES AD MORTUOS" (1916)
"Sucht man nach einem Beweggrund, der den bedeutenden Denkern und Forschern des zwanzigsten Jahrhunderts
gemeinsam ist, so wird man ihre Versuche, die Fragmentierung der Welt zu überwinden, als besonders
charakteristisch erkennen. Eindringlich hat der vorwiegend an den Universitäten von Princeton und London lehrende
Wissenschaftsphilosoph David Bohm dies zum Ausdruck gebracht. (...) Es steht für mich außer Zweifel, daß David
Bohm zu jener Gruppe bedeutender Geister gehört, deren Gedankenwelt der französische Philosoph Raymond Ruyer
in seinem 1974 erschienenen Werk 'La Gnose de Princeton' beschreibt. Die Tatsache, daß er keinen einzigen dieser
'Neo-Gnostiker' beim Namen nennt, mag tatsächlich daran liegen, daß er um Diskretion gebeten wurde. (...) Man
sollte ihm daher getrost abnehmen, daß vorwiegend in den USA lebende Physiker, Astronomen, Kosmologen,
Biologen, Mediziner und seit einiger Zeit auch hohe Beamte und Kleriker sich in einer geistigen Bewegung
zusammengefunden haben, der seit 1969 der Name 'Die neue Gnosis' anhängt, eine Bezeichnung, die ihr
ursprünglich von ihren Kritikern im Spott verliehen, aber dann von den Beteiligten als recht zutreffend übernommen
wurde. Die historische Gnosis, etwa im 1.Jahrhundert während der frühen Geschichte des Christentums auftauchend
und bald als Ketzerei verboten, hatte ihre Wurzeln im Denken der Babylonier, Inder und Ägypter. Ihr zentraler
Gedanke ist, daß das Königreich Gottes bereits hier auf dieser Erde in allen seinen Erscheinungen mit uns und in uns
sei. Der Gläubige kann demnach in eigener Versenkung die Kenntnis der tiefsten göttlichen Geheimnisse unmittelbar
erlangen. Er muß weder auf einen vermittelnden Priester, noch auf ein Leben nach dem Tode oder gar auf das
Kommen des Messias warten: Vorstellungen, wie sie in den orientalischen Religionen und später auch im Islam
akzeptiert waren, während das Christentum sie bei jedem Wiederauftauchen verdrängte. Diese Spaltung des intimen
Zusammenhangs von Mensch und Gott mag bereits eine Wurzel jener Zerrissenheit sein, die Bohm geschildert hat,
ein Vorgang, ohne den die Unterwerfung der 'heidnischen Natur', die Geburt der Naturwissenschaften und die
Entwicklung der Technik vielleicht gar nicht möglich gewesen wären. Kann dieser Riß je heilen? Ja, so meint
Ruyer als Interpret der 'neuen Gnosis', wenn man bereit ist anzunehmen, daß die Welt vom 'Geist' geschaffen und
ganz von ihm durchdrungen ist in allen ihren Erscheinungen. Die Materie wird demnach nicht mehr als Gegensatz
zum Geist angesehen, sie ist nur sein stofflicher Ausdruck, seine Erscheinung in den Augen der anderen. Aber diese
körperliche Existenz erweist sich auf einer anderen, tieferen und der Wahrheit näheren Ebene als eine Art Illusion,
die nur notwendig ist, damit wir die Welt und einander wahrnehmen können. Diese Auffassung klingt gewiß
unwahrscheinlich, aber sie entspricht weitgehend den neuesten Ergebnissen der Teilchenphysik. (...) Derartige
Experimente haben uns gezeigt, daß auf der subatomaren Ebene ständige Bewegung, unaufhörlicher Wandel
herrscht. Die Teilchen werden nicht länger als 'Bausteine' gesehen, sondern als perimäre fließende Erscheinungen,
die auftauchen und wieder verschwinden. Die Materie, ja darüber hinaus das ganze Universum, erweist sich als ein
eigentlich immaterieller Strom, ein gewaltiges, untrennbar ineinander verwobenes Netz von Energien, das zwar für
die Beobachter immer andere Wirbel und Muster hervorbringt, aber keine festen, ja nicht einmal mit Bestimmtheit
auffindbare Bestandteile aufweist. 'In dieser Welt haben klassische Auffassungen wie 'Elementarteilchen', 'materielle
Substanz' und 'isoliertes Objekt' ihre Bedeutung verloren', meint der Physiker Fritjof Capra, der unter dem Titel 'THE
TAO OF PHYSICS' ein hochinteressantes Buch über die zunehmende Konvergenz westlicher Physik und östlicher
Mystik geschrieben hat. (...) Richard Feynman, den Einstein als seinen begabtesten Schüler bezeichnete, hat seinen
Hörern am 'California Institute of Technology' verkündet: 'Wir müssen eine neue Vision der Welt finden. Was wir am
meisten brauchen, ist Phantasie.' (...) Was liegt näher als Träume und Ahnungen, in denen die Freudsche
Psychologie nur Manifestationen des UNTERbewußtseins sehen wollte, als mögliche Mitteilungen eines noch nicht
entdeckten, aber in seinen Wirkungen gelegentlich schon spürbaren ÜBERbewußtseins zu sehen. Die 'Gnosis von
Princeton' nimmt laut Ruyer die alte, bei allen Naturvölkern verbreitete Vorstellung wieder auf, daß 'das innere
Genie des Menschen, sein DAIMON - im Sinne Platos - sein Gott im Traum zu ihm spreche. Aber bei
solchen Allgemeinheiten, die Gott wieder einmal als bequeme Verkörperung jeder Unbekannten in einer ungelösten
Gleichung, als Lückenbüßer für noch nicht vorhandene Erkenntnis einsetzt, will man nicht stehenbleiben. Die
Traumforschung und darüber hinaus die seit Mitte der sechziger Jahre sich kräftig entwickelnde Untersuchung
verschiedener Bewußtseinszustände versucht, diese bisher den esoterischen und 'geheimen' Wissenschaften
überlassenen Domänen der faßbaren und dokumentierbaren Erkenntnis zu erschließen."
Robert Jungk: "Die neue Gnosis" (1977)
"Ohne Zweifel ging auch die griechische Geschichte durch das Dunkel animistischer Mystik. (...) Eine
grundlegende Änderung trat erst durch die homerische Dichtung ein, die etwa aus der Zeit von 900 bis
700 v.u.Z. datiert. 'Hesiod und Homer haben den Griechen ihre Theogonie (Anschauung von
der Entstehung und Abstammung der Götter) gemacht', sagt der Geschichtsschreiber Herodot,
und er hat sehr recht damit. (...) Homer wählte aber nicht nur aus, sondern gab, wie auch Hesiod, 'den
Göttern ihre Beinamen..., ihre Ehrenrechte und Wirkungskreise, wie Herodot weiter sagt. Homer wie
auch Hesiod trugen also viel zur Läuterung der alten, oft noch sehr animistischen
griechischen Gottheiten bei, sie unterstützten damit die Herausbildung höherstehender
religiös-mystischer Vorstellungen. (...) Wo Babylonier und Ägypter ihre Dämonen beschwören
würden, wendet sich der Grieche höchstens um Rat oder Beistand flehend an seine Götter. (...)
Selbstverständlich sind die Griechen trotzdem von einer illusionslosen Welterkenntnis weit entfernt. Das
phantastische Element ist nur weitgehend geläutert, lebt aber, in einer allerdings sympathischen Form, im
Götterglauben weiter. Dabei sind die griechischen Götter höchst sonderbare Gestalten. Sie
leben bei all ihrer Göttlichkeit so menschlich wie die Menschen selbst. Sie irren und streiten,
schließen Freundschaft und verfeinden sich, lieben, heiraten und hintergehen sich, sterben und erwachen
wieder vom Tode. Und dabei sind sie bei aller Göttlichkeit sogar noch der MOIRA, dem
Weltschicksal unterworfen. Wenn diese Moira hier auch ziemlich zurücktritt und nur ganz vom
Hintergrunde aus wirkt, so ergibt sich eine weitere bezeichnende Parallele zur Lebensweise der Menschen
darin, daß sie überhaupt vorhanden ist und somit auch die Götter nicht völlig frei sind."
Gerhard Zwerenz: "MAGIE STERNENGLAUBEN SPIRITISMUS" (1956)
"Für die Einführung von Himmelsstützen in die Kosmologie scheinen also vor allem statische
Gesichtspunkte zu sprechen. (Anm.ebenda: Die Annahme von Himmelsstützen ist vermutlich aus
der praktischen Erfahrung genommen; zu ihr gehört auch die Angst, der Himmel könnte auf die
Erde herabstürzen und die Menschen erschlagen. Derartige Einsturzmythen sind auch in anderen
Gebieten Afrikas verbreitet gewesen.) Aber ebenso ist die älteste Kosmologie auf ein bestimmtes
Geschehen bezogen und insofern an den Mythos gebunden. Wesentlich ist hier die Vorstellung
von dem Werden der Welt in einem Schöpfungsakt. In mythischer Hinsicht folgt aus der
Selbstbegattung des Schöpfungsgottes Atum die Genealogie der Götter, in mehr
naturphilosophischer und prinzipieller Hinsicht liegt dem Schöpfungsgeschehen ein fortlaufender
Trennungsprozeß zugrunde. Naturphilosophisch gesehen bedeutet Weltschöpfung Weltwerden:
Weltentwicklung vollzieht sich durch Bewegung. Ihre klassische Form hat die ägyptische
Schöpfungslehre in Heliopolis erhalten. Naturmythen werden zu kosmischen
Gottheiten personifiziert. Aus der Neunheit der Götter von Heliopolis (Anm.ebenda: Die
Neunheit als das Quadrat von drei stellt die vollendete Drei dar. Neben der Neun gehört auch die
Vier zu den heiligen Zahlen Ägyptens. Derartige Vorstellungen sind von den Pythagoreern im
antiken Griechenland aufgegriffen und weiterentwickelt worden.) treten einzelne Götter am
Anfang hervor: Luftgott Schu, Sohn des Atum, trennt die Himmelsgöttin Nut vom
Erdgott Geb, indem er sie emporhebt und stützt. Dem Mythos nach sind ursprünglich
Himmel und Erde nicht voneinander getrennt. Der die Nut liebende Schu erfüllt die
Funktion des himmelsstützenden Gottes. Nut, nun zur Mutter der Gestirne geworden,
beugt sich gleich einer Himmelsbrücke liebevoll über Geb, der ermattet, enttäuscht
zurückbleibt. Dieser lebendige, fast anthropomorphe Mythos kehrt im Osiris-Kult wieder."
"Im Übergang von der religiösen Welterfahrung zur rationalen Welterklärung spielt
das antike Griechenland eine Hauptrolle. Hier wurden vor zweieinhalb Jahrtausenden
Mythen des Orients mit den Erinnerungen an die eigene heroische Geschichte in
synkretistischer Weise verbunden und zu phantasievollen Epen gestaltet; hier wurde
das Wissen der alten Stromkulturen, wenn auch zögernd und unvollständig, aufgegriffen, mit
eigenen aus der Erfahrung geschöpften Kenntnissen zusammengeführt und neu geordnet,
schließlich wesentlich erweitert und systematisiert. So gilt das antike Griechenland zurecht
als die Geburtsstätte der geistigen Kultur Europas und damit auch der
wissenschaftlichen Astronomie. Hier noch nicht losgelöst vom Denken des Ganzen in der
Philosophie, ist ihre Entwicklung als ein Prozeß zunehmender Rationalität über mehr als fünf
Jahrhunderte zu verfolgen: in unterschiedlichen kosmogonischen Vorstellungen und
kosmologischen Entwürfen einzelner philosophischer Schulen, in den Beobachtungen und
mathematischen Darstellungen der Phänomene am gestirnten Himmel. (...) In den
kosmogonischen Mythen wird wohl auch die Geschichte der kosmischen Gottheiten und der
Göttergeschlechter erzählt, die Hauptfrage aber kreist um das Problem der Entstehung und der
inneren Struktur der Welt. So spekuliert um 700 v. Chr. HESIOD in der 'Theogonia' über die
Entstehung der Götter und der sichtbaren Welt; die Kosmogonie wird also als Theogonie erzählt.
Darin heißt es [gemäß Schadewaldt, 1970]:
>> Aus Chaos, der klaffenden Leere, entstanden Erebos, die Finsternis, und die dunkle
Nacht. Aus der Nacht entstanden Aither, der höchste Himmelsglanz, wie auch Hemera, der Tag,
nachdem Nacht und Finsternis sich in Liebe vereinigt hatten. Und nun gebar Gaia, die Erde,
ihr selber gleich Uranos, den Himmel, damit dieser sie rings umhülle und damit er für
die unsterblichen Götter ein Wohnsitz sein sollte für immer. <<
In der Dichtung der Orphik, des Kreises der Anhänger des sagenumwobenen Sängers
ORPHEUS, wird die Theogonie HESIODs teils ausgebaut, teils abgeändert. Nun ist es Zeus
aus dem Geschlecht des Uranos, der die Identität mit dem Universum bewirkt, indem
er Phanes, die ganze bis dahin bestehende Schöpfung, verschlingt und aus sich selbst
neu hervorbringt. Im griechischen Epos, so auch bei HOMER, wird das Urbild des Kosmos
sichtbar, wie es für das frühgriechische Denken charakteristisch ist: Die Erde wird als Scheibe
angenommen, von einem kreisförmigen Fluß, dem Okeanos, umspült. Darüber wölbt sich die
feste Halbkugel des Himmels; die Welt unterhalb der Erde umfaßt Hades, das Reich der Toten,
und darunter Tartaros, den leeren, dunklen Abgrund. (...) Wenn auch das numinose Moment des
Mythos im griechischen Epos zurückgedrängt wird, bleiben im vorsokratischen Denken bei aller
Rationalität noch Motive aus überlieferten Mythen lebendig [gemäß Rozanskij, 1984]:
1. Vorstellung eines ursprünglich amorphen Zustandes der Welt; hierher gehören auch
orientalische Wasserkosmogonien;
2. Scheidung von Himmel und Erde, auch des männlichen und weiblichen Prinzips der
Weltschöpfung, wie im Mythos von Gaia und Uranos;
3. Prinzip der Entwicklung zu einer höheren Ordnung, wie in der Theogonie die Inthronisierung
eines obersten gerechten Gottes;
4. Periodizität von Schöpfung, Untergang und Wiedergeburt des Weltalls.
Das große Thema der ionischen Naturphilosophie ist der Kosmos und seine Entstehung, damit in
philosophisch-generalisierender Weise die Frage nach den letzten Ursachen der Dinge.
Diese Fragestellung ist im antiken Sinn physikalisch, insofern sie die Wesensmerkmale der Dinge,
wozu auch die Ursachen ihrer Entstehung und Entwicklung gehören, miteinschließt. Aber die
Natur wird weiterhin als göttlich und beseelt angesehen. Es ist also der Gegensatz zwischen
mythischer und physikalischer Naturauffassung latent vorhanden [gemäß Nestle, 1975]. (...)
ANAXIMANDROS [ca. 611-546 v. Chr., Schüler von THALES] hat die Mythologisierung der
Weltschöpfung weiter aufgehoben. Er hat an die Stelle göttlicher Mächte ein ewiges, alles
bewirkendes Urprinzip gesetzt, das gleichwohl als göttlich aufgefaßt werden kann. Der Ursprung
von allem ist für ihn das Grenzenlose und qualitativ Unbestimmte, das Apeiron."
Volker Bialas: "Vom Himmelsmythos zum Weltgesetz - Eine Kulturgeschichte der Astronomie" (1998)
Joseph Freiherr von Eichendorff (10.3.1788 - 26.11.1857): Wünschelruthe, 1835 (Deutscher Musen-Almanach, 1838)
[Pseudo-] Dionysios Areopagita (ca.500 n.Chr.)
Die erste Ursache
Die erste Ursache von allem
ist weder Sein noch Leben;
denn sie ist es ja gewesen,
Die Sein und Leben erst erschaffen.
Die erste Ursache
ist auch nicht Begriff oder Vernunft;
denn sie ist es ja gewesen,
Die Begriffe und Vernunft erst erschaffen.
Die erste Ursache
ist auch nicht an einem bestimmten Ort zu finden,
weder an einem Ort im Raum,
noch an einem Ort in Gedanken;
denn jeder Ort ist ja nur ein Geschöpf.
Nichts in dieser Welt ist die erste Ursache;
denn alles in dieser Welt
ist ja von ihr erschaffen.
Und dennoch ist sie keineswegs ohne Macht:
Denn sie hat doch alles erschaffen,
alles ins Sein gerufen, was ist.
Und Schöpfung, Ruf ins Sein, braucht eine Macht,
damit auch wirklich etwas entsteht.
Und dennoch ist diese erste Ursache
auch keine Macht;
denn sie ist es ja gewesen,
die die Macht erst erschaffen hat.
"Nur wer hinter all den Strukturen die Erste Wirklichkeit erfährt, hat Sinn und Ziel der Religion
verwirklicht. Es bleibt daher für die Religionen wichtig, ihre Begriffe, Symbole und Bilder
durchsichtig zu halten, damit sie das, was sie offenbaren wollen, nicht verdecken. (...) Der
Kosmos ist eine große Symphonie, die in vielen Variationen erklingt. Niemand hat sie komponiert,
niemand dirigiert sie von außen. ES erklingt als diese Symphonie. Jede Form ist eine ganz individuelle
Note, einmalig und unverwechselbar. Darin liegt auch unsere Würde und Individualität. (...) Ein
spiritueller Weg läßt sich an jedem Ort gehen. Er braucht keine Religion, kein Dogma, keine organisierte
Gemeinschaft, keinen Tempel und keine Kathedrale, man muß sich nicht die Haare scheren lassen und
keine schwarzen Gewänder anziehen. (...) Mystiker lehnen die Religion nicht ab. Sie verweisen nur auf
das Eigentliche, das sich hinter Worten und Bildern verbirgt. Sie möchten die Urerfahrung
der Ersten Wirklichkeit ganz persönlich zum Ausdruck bringen. Die Institutionen wollen das nicht
hinnehmen. (...) Mystiker wählten daher oft die Sprache der Dichtung. Sie ist meist unverfänglicher, kann
aber von den Eingeweihten gedeutet werden. (...) Das Sichtbare, Hörbare und Spürbare führt in die
Leerheit und aus der Leerheit zur Realisation der Wirklichkeit und zur Rückkehr ins Leben. (...) Der Tod
des Ich ist die Voraussetzung für die Erfahrung des Einen. Wo kein Ich mehr ist, ist auch kein Gegenüber,
auch kein Gott. Auch wenn die Mystik dieses Wort Gott immer noch zur Bezeichnung dieser
namenlosen Wirklichkeit gebraucht, haftet ihm nichts Personales mehr an. Alle
Hoffnungsbilder und religiösen Versprechen fallen wie ein Kartenhaus zusammen. Es bleibt
das, was die Mystik mit Nichts bezeichnet. (...) Hier gibt es auch keine Religion mehr. Die Erfahrung
ist transkonfessionell, transpersonal, nicht-dual und jenseits aller Konzepte."
Willigis Jäger: "Jenseits von Wort und Weihrauch" (1999)
"Die Menschen der Zukunft werden 'Erwachte' sein. (...) Es geht immer um die Erfahrung hinter allen
Bildern und Vorstellungen. (...) Ein wirklich religiöser Mensch übersteigt sein Glaubensbekenntnis. (...)
Aber das Nichts ist nicht Nichts. Es ist der Hintergrund allen Seins und die wahre Einheit aller
Religionen. Die Wendezeit für die Religionen ist angebrochen. (...) Es gibt innere Räume, Ebenen,
Welten, die kosmisches Ausmaß haben und alle rationalen Erkenntnisse übersteigen. Es gibt eine
Metaerfahrung (mystische Erfahrung), die viel umfassender ist als alles, was Intellekt und Sinne uns
begreiflich machen können. (...) Wo der letzte Grund liegt, konnte uns die mechanistische Auffassung
nicht sagen. (...) Wer sich auf einen der esoterischen Wege der großen Religionen einlässt, leistet die
eigentliche Arbeit für die Bewusstseinsveränderung in unserer Welt. (...) Eine unglaubliche Stille entstand.
Ich könnte sagen: eine absolute Leere. Aber die Leere hatte eine Qualität. In ihr war kein Ich. (...)
Die vom Intellekt geschaffene Scheinrealität hob sich auf. In der Stille gab es keine Bilder mehr und alle
Worte, die das erklären wollen, sind missverständlich. Da war kein Gott. Da war nur Unendlichkeit.
Das ganze technokratische, systeminterne, theologische Glaubensgebäude schmolz zusammen. (...) Eine
tiefe Ehrfurcht vor allem und eine heilige Ehrfurcht vor mir selber, vor meiner eigenen Würde, ergriff
mich. Diese Erkenntnis war gepaart mit einer großen Demut. Und noch etwas wurde mir klar: Im Handeln
des Terroristen steckt auch meine Wut und meine Aggression. Nichts ist getrennt in diesem Lebensstrom.
Alles, was wir tun und denken, wirkt auf das Feld Mensch ein. Unser Lebenswandel hilft anderen oder
hindert andere. Und das nicht so sehr auf der materiell-psychischen Ebene, sondern auf der
transpersonalen Ebene. (...) Nicht mein aktives Handeln wird die Welt verändern, sondern meine Liebe.
Am Ende unseres Lebens werden wir nicht bestraft, wir dürfen erkennen, wie sehr wir gegen die Liebe
verstoßen haben. (...) Es ist der Hintergrund, aus dem alle Theologie kommt und auch heute kommen
sollte, nicht aus dem Wissen, sondern aus der Erfahrung dessen, was in den Büchern steht. Die Aussagen
der großen Weisen begannen zu leuchten. Jeder Absolutheitsanspruch erschien lächerlich. (...) Der
ganze Kosmos ist die Inkarnation dieser Wirklichkeit, die wir Gott nennen. Leerheit und
Form sind nur zwei Aspekte des Einen. Zwei Enden an einem Stab. Eigentlich existiert nichts.
Es ist alles leer. Nichts besitzt Permanenz. Und gleichzeitig gewinnt die ganze Schöpfung an Bedeutung.
(...) Damit werden wir in den Alltag verwiesen, wo alle Mystik beginnt und endet."
Willigis Jäger: "Wiederkehr der Mystik - Das Ewige im Jetzt erfahren" (2004)
Zeushöhle (Höhle von Psychro) auf Kreta
© Fotograf: Ingo Wölbern, Oktober 2004
Athena Promachos
kleine römische Nachbildung der antiken bronzenen Kolossalstatue
des Bildhauers Phidias für den Parthenon auf der Athener Akropolis
3. Jahrhundert v. Chr.; Archäologisches Nationalmuseum, Athen
© Fotograf: Marsyas
MarXXL © G&GN, 5.5.2010 (Berlin neben dem Nicolaiviertel Nähe Neptunbrunnen, 19:20 Uhr)
* QUIZFRAGE: WELCHE PERSON ERSCHEINT IN DER SAGE DOPPELT UND WARUM ??
PLANETENWOCHE
(gemäß Beatrix Hammerle)
SONNTAG
"Planet": Sonne [kein Planet, unser Fixstern!]; Gottheit: Apollon, Helios
Element: helle Flamme; Farbe: gelb, weiß, orange
"Der griechische Licht- und Sonnengott [Apollon] aus der orphischen Tradition. Er wurde wohl aus politischen Gründen in der Überlieferung
zweitweise verschwiegen. (...) Apollon gilt als Sohn von Zeus und Leto (Latona = Mutter Nacht), ist der Bruder der Artemis und Vater des
Arztgottes Asklepios. (...) Nach dem Genuß von Nektar und Ambrosia hatte er bereits mit vier Jahren die volle Manneskraft. Mit Pfeil und Bogen
ausgerüstet, bestieg er den Parnass, drang in die Schlangenhöhle ein und tötete die Schlange Python mit einem Pfeil. Der Ort hieß später Pytho =
Delphi, wo er sein Hauptheiligtum erhielt. Er hat viele Beinamen: der Lichte, der Reine (Phoibos), stand bald auch für Rechtschaffenheit,
Moral und Sittlichkeit. (...) Der griechische Sonnengott [Helios], Bruder der Mondgöttin Selene. Der alles Sehende und alles Hörende, der als
Zeuge des Eides aufgerufen wird. Als Lichtgott kann er Blinde heilen aber auch mit Blindheit strafen."
MONTAG
"Planet": Mond [kein Planet, unser Mond!]; Gottheit: Selene, Artemis, Hekate
Element: Erde & Wasser; Farbe: grün, silbern
"Selene kommt von griechisch 'selas' Licht, Glanz. Sie ist die griechische Mondgöttin, spielte im Kult aber nur eine geringe Rolle. Sie ist die Tochter
des Titanen Hyperion und Schwester des Sonnengottes Helios und war die Schutzherrin der Zauberer. (...) Die Griechen setzten sie später mit
Artemis oder Hekate gleich. Bei den Römern wurde sie zu Luna."
DIENSTAG
Planet: Mars; Gottheit: Ares; Element: Feuer; Farbe: rot
"Ares war bei den Griechen sehr gefürchtet. Hera gebar ihn, weil sie sich über Zeus ärgerte, der Athene ohne sie erschuf. Er ist also eine
Ausgeburt des mütterlichen Zorns, ein rasender, wütender, grausamer und blutrünstiger Gott. Im Krieg begleiten ihn Deimos (Angst), Phobos
(Furcht) und Eris (Streit). Er war aber wegen seines ungestümen Wesens weder im Kampf noch in der Liebe besonders erfolgreich
und wurde von seinen Mitgöttern deswegen nicht respektiert."
MITTWOCH (12.5.2010)
Planet: Merkur; Gottheit: Hermes; Element: Wasser & Wind; Farbe: gelb, weißgrau, mattbraun
"Die katholische Kirche hatte jedoch ihr Interesse daran, die Erinnerung an den frivolen und sehr beliebten heidnischen [römischen] Gott
[Merkur] auszumerzen. (...) Er [Hermes] war einer der populärsten Götter der Griechen. Der Sohn des Zeus und der Bergnymphe Maia wurde in
der Höhle des arkadischen Berges Kyllene geboren. (...) zwischen Göttern und Menschen hin und her eilt und Informationen
austauscht. (...) Sein Name 'hermaion' bedeutet Steinhaufen. (...) opferte man ihm als Gott der gymnastischen und rhetorischen Gewandtheit."
[germanischer Tagesgott ist Wotan bzw. Odin: Vater des Universums, Sohn des Urriesenpaares Borr & Bestla, Himmelsgott der Dichtkunst]
DONNERSTAG
Planet: Jupiter; Gottheit: Zeus; Element: Luft & Wärme; Farbe: dunkelblau, grün, purpur
"Er [Zeus] thront auf dem Olymp, dem Athos, dem Lycaeus und auf anderen Bergen Griechenlands und Kleinasiens. (...) Zeus, der Himmelsund Wettergott mit einem ausgeprägten Liebesleben steht der Unterwelt nahe, tritt als Richter auf, ist Beschützer des Hauses, der Familie
und Spender des Wohlstandes. Er weiß um die Zukunft aller Menschen und ist der mächtigste der Orakelgottheiten."
[babylonischer Tagesgott ist Marduk: vertreibt als Lebensbringer Dämonen, rettet Menschen und bannt Krankheiten]
FREITAG
Planet: Venus; Gottheit: Aphrodite; Element: Luft & Wasser; Farbe: blau, grün
"Die deutsche Form wurde mit dem Namen der Göttin Frija (der Gemahlin Odins, Wotans) gebildet. (...) Venusliebe kennt in ihrer idealen Form
kein Besitzergreifen, keine Eifersucht, keine vertraglich abgesicherte Liebe. Venusliebe begründet nicht. Sie liebt, weil sie liebt:
unerschöpflich, bedingungslos, als ein Kind der Freiheit (...) Emotional steht Venus für die Leidenschaft, die im Geschlechtsakt gipfelt, dem ewigen
Spiel von Animus und Anima für ein besseres Selbstverständnis. (...) Aphrodite, die Schaumgeborene, die aus dem Meer aufsteigende Göttin,
die griechische Göttin der Schönheit und Liebe, welche die Römer der Venus gleichsetzten. (...) Aphrodite liebte Hephaistos, Ares, Pygmalion,
Adonis und Anchises. Sie schreckte vor keiner Intrige zurück, das Urteil des Paris zu ihren Gunsten zu entscheiden, sie steht auch für vegetative
Fruchtbarkeit und wurde in Athen als Gartengöttin verehrt. (...) Künstler sollten heute arbeiten, denn Venus feuert sie an, Harmonie und
Schönheit in ihren Werken anzustreben. Heute können sich viele Knoten lösen, Schaffensblockaden überwunden werden, vorausgesetzt, der
Künstler befindet sich dort, wo er tätig sein soll: an der Leinwand, am Werkstück, am Computer. (...) Empfänglichkeit für Formgebungen..."
SAMSTAG
Planet: Saturn; Gottheit: Kronos; Element: Erde & Wasser; Farbe: dunkelgrau bis schwarz, dunkelbraun
"Sohn des Himmelsgottes Uranos und der Erdgöttin Gaia, ein Titan und vorgriechischer Erntegott (...) Kronos sicherte sich die Macht
im Himmel und auf der Erde, indem er seinen Vater entmachtete und kastrierte. Der Samen, der dabei zur Erde tropfte, zeigte den Menschen,
daß alles Gute vom Himmel kam, aus dem Samen, der ins Meer tropfte, wurde Aphrodite geboren, die Göttin der Schönheit. (...) Später wurde
Kronos mit Chronos, der griechischen Personifizierung der Zeit, gleichgesetzt und auch zum Herrn der Zeit gemacht. (...) Eremiten, Mystiker,
einsame Heilige entsprechen in ihrem Lebensstil der saturnischen Haltung. Aber man muß nicht unbedingt in die Wüste gehen, um mit sich zu
sein, wichtig ist der innere Rückzug: sich zurücknehmen, heraushalten, loslassen, andere sein lassen und respektieren."
[spätbabylonischer Saturn-Gott ist Ninurta: Gemahl der Heilgöttin Gula]
OLYMPISCHE GÖTTER
(in Klammern: römische Entsprechung)
Aphrodite (Venus)
Zeus' Tochter von Dione (eine der 50 Nereiden: Tochter von Nereus & Doris) und Gemahlin von Hephaistos
(Zeus' Sohn von Hera): zuerst Wachstumsgöttin, dann Göttin der Liebe, Schönheit und sinnlichen Begierde
Apollon (Apollo)
Zeus' Sohn von Leto (Tochter der Titanen Koios & Phoibe):
der "schöne" Gott der Musik, der Sonne und des Lichts und der Weissagung
Ares (Mars)
Zeus' Sohn von Schwester Hera (Tochter der Titanen Kronos & Rhea):
Gott des Krieges und der rohen Gewalt
Artemis (Diana)
Zeus' Tochter von Leto (Tochter der Titanen Koios & Phoibe, spätere römische Göttin Latona),
Zwillingsschwester von Apollon: Göttin der Jagd, der wilden Natur und des Mondes
Athene (Minerva)
Zeus' Tochter von Metis: als Göttin der Weisheit & Intelligenz, des Kampfes & der Strategie
beschützt sie Helden, Städte, Ackerbau & Handwerk sowie Künste & Wissenschaften
Demeter (Ceres)
Zeus' Schwester (Tochter der Titanen Kronos & Rhea): Göttin der Erde, des Ackerbaus
(Getreide & Fruchtbarkeit) und der Sitten, gemeinsame Tocher: Persephone
Hephaistos (Vulcanus)
Zeus' Sohn von Hera (allerdings ohne dessen "Mithilfe"):
der "klumpfüßige" Gott des Feuers und der Schmiedekunst
Hera (Juno)
Zeus' Gattin und Schwester (Tochter der Titanen Kronos & Rhea):
Königin des Olymps, Beschützerin der Frauen, der Ehe und Familie,
gemeinsame Kinder: Ares, Hephaistos, Hebe, Eileithyia
Hermes (Merkur)
Zeus' Sohn von Maia (eine von 7 Plejaden, Tochter des Titanensohns Atlas und der Pleione):
der geflügelte Götterbote, beschützte Handel, Verkehr, Wanderer, Boten, Diebe
Hestia (Vesta)
Zeus' älteste Schwester (Tochter der Titanen Kronos & Rhea):
Göttin des Herdfeuers und der Familieneintracht
Poseidon (Neptun)
Zeus' Bruder (Sohn der Titanen Kronos & Rhea): Gott des Meeres, der Erdbeben und Pferde
Zeus (Jupiter)
jüngster Sohn der Titanen Kronos & Rhea: Oberster der Götter, Göttervater,
König des Olymps, Himmelsgott, Beherrscher der Naturgewalten und schließlich
Gott des klugen Rates, nachdem er Metis verschlungen hat:
( Metis )
Zeus' erste unsterbliche, scharfsinnige Geliebte: "der kluge Rat", als Tochter
der Titanen Okeanos & Tethys eine von 3000 Okeaniden (Meeresnymphen)
und darum NICHT im inzestuösen Olymp, weil keine Schwester!
P.S. Postscriptum - oder: Persönlicher Sachverhalt
Eigentlich war es angedacht, diesen Vortrag im Rahmen meiner Ausbildung zum Kunsttherapeut an der Akademie campus
Naturalis im Nicolaiviertel in einer 10-minütigen Ultrakurzversion (siehe Handout-PDF) erst am Mittwoch (dem Tag des
Götterboten Hermes), dem 12. Mai (dem Geburtstag von Joseph Beuys) morgens früh um 9 Uhr zum Auftakt einer ganzen Serie
von Vorträgen über die einzelnen Planetengötter zu halten. Glücklicherweise fuhr ich schon in der Mittagspause des Vortages mit
meinem süßen kleinen USB-Stick in einen Copyshop, um die Handouts auszudrucken, denn es war die letzte Gelegenheit, da der
Kurs am Abend zu spät enden würde. Als ich dann also den Seminarraum am Dienstag, den 11.5.2010 mitsamt der 20 Kopien
nach der Mittagspause um kurz nach 14 Uhr betrat, hatte die Dozentin bereits kundgetan, daß es sage und schreibe VIERZIG
(40) MINUTEN gedauert hatte, um mein PDF (ja, dieses hier bis Seite 28) mithilfe ihres alten Modems* am Vorabend aus der
Emailbox herunter zu laden, wie ich erst später von den Mitstudenten erfuhr. Kaum daß ich auf einem der pseudo-ganzheitlichharten Holzstühle saß, forderte sie mich plötzlich auf, mit meinem Referat zu beginnen! Ihre Befürchtung, daß ich mich nicht beim
Live-Act auf Gaia & Uranos konZENtrieren würde, sondern womöglich den gesamten Essay vortragen wollte, führte allerdings
dazu, daß sie mich gleich von Anfang an immer wieder und wieder unterbrach, sobald ich bloß einen anderen Götternamen
erwähnte (denen ja die nachfolgenden Vorträge galten), was mich derart verunsicherte, daß ich kein einziges Zitat vortrug
geschweige denn den Anfang meiner zeitgemäßen Nacherzählung des Schöpfungsaktes, sondern lediglich wie ein auTOMat auf
Fragen re:agierte und dabei nur drei Stadien meiner eigenen Zeichnungen (auf Seite 3: wie die Welt zur Welt kommt) nebenbei an
die Tafel schmierte. Abgesehen von der kreativen Leere-Meditation (zum Auftakt, der ja ursprünglich als didaktische Hilfe zum
morgendlichen Wachwerden aus dem kollektiv-neuronalen Chaos geplant war!!!) blieb mir einzig und allein vergönnt, ein bißchen
von meiner wochenlang angestauten Begeisterung für die mythologische UNENDLICHKEIT DES URHIMMELS & DER
URERDE als Metapher für astrophysikalische Vorgänge zu vermitteln: Gaia als grenzenlose Urmaterie kurz nach dem
Urknall und Uranos als das leere Universum als solches, das die Materie beherbergt... Wer meinen idealistischen Perfektionismus
kennt, ahnt vielleicht, wie frustriert ich nach diesem Seminarblock war! Aber die Götter meinten es gut mit mir und beschenkten
mich schon am selben Abend mit einem bunt bebilderten Buch (zum Billigpreis!) über DIE GRIECHEN, als ich noch völlig
weggebeamt über die Friedrichstraße schlenderte, um mich von dem Schock zu erholen. Darin fand ich gleich auf der allerersten
Seite die Antwort auf meine letzte ungeklärte Frage, die mich trotz der gründlichen Beschäftigung mit dem Thema nicht
losgelassen hatte: WELCHEN ZWECK verfolgten die antiken Märchenerzähler mit ihren Göttergeschichten überhaupt??????????
Jetzt weiß ich es: Einerseits das ekstatische Entertainment der königlich-dekadenten Zuhörerschaft, die sich als
stolze Nachfahren ihrer Götter selbst feierten - und andererseits die Parteinahme für bestimmte politische
Konstellationen, die symbolisch in das Spektakel verpackt wurden! Wow, das hat mich ziemlich geflasht und
entschädigt! Aber das Beste kommt noch: In der darauffolgenden ersten postantiken Nacht erschienen mir Hesiod & Homer
persönlich im Traum und verrieten mir, mit welchen Göttern sie sich selbst identifizierten: Hesiod als Hermes (den Götterboten)
und Homer als Apollon (den Guru der Musen), beide in zahlreiche Liebesabenteuer verwickelt!!! Ich erwachte vom Anblick der
Stimmen ihrer steinernen Köpfe, die wie ein riesiges Hologramm über meinem Bett schwebten und wusste sofort: das war eine
waschechte VISION, wie man sie heutzutage nur noch aus ebensolchen Göttersagen kennt! Ich war total beschwipst von dem
Glücksgefühl, das mich durchströmte, und bekam sofort die Idee, ein Diagramm mit dem gesamten Stammbaum zu malen, um
die wichtigsten 70 Namen (vom Chaos bis zum Olymp) so darzustellen, daß möglichst alle Verbindungslinien sauber verlaufen,
ohne sich falsch zu kreuzen. Ich befand mich also noch immer im Bann der Antike. Die Bewältigung dieser Aufgabe stellte sich
allerdings zunächst als fast unmöglich heraus, aber nach mehreren Tagen und zahllosen Vorzeichnungen mit Dionysos an meiner
Seite (Rotwein) am Tresen meiner Stammkneipe (Freies Neukölln) im Reuterkiez hatte ich endlich eine fast perfekte Lösung
gefunden und rannte mit der völlig chaotisch wirkenden Kugelschreiber-Krickelei aufgeregt in mein Atelier, um ein altes Bettlaken
als Leinwand zu spannen! Im Laufe der Arbeit an diesem bunten Bild stieß ich instinktiv (oder sagen wir lieber
neuromagnetisch: was C.G. Jung als Synchronizitäten akausaler Zusammenhänge bezeichnet) auf weitere Bücher, die mich
bestärkten und belohnten und sogar einen völlig unerwarteten direkten Zusammenhang zu meinem nächsten Thema
herstellen: der 50-jährigen Geschichte der kalifornisch-esoterischen HUMAN POTENTIAL BEWEGUNG, die sich als Transpersonale
Psychologie allmählich weltweit etabliert. Meine Güte, ich bin voll drauf! Kann jemand da draußen meine Besessenheit
nachvollziehen? Ich fühle mich reichlich beschenkt mit einer insgeheim heilsamen Beschäftigungstherapie, die als FUTTER FÜR
MEINE UNTERFORDERTE SEELE funktioniert. Es fühlt sich an wie eine Berufung, eine innere Pflicht, der ich folgen muß, um
meinen Beitrag zur allgemeinen geistigen Gesundheit wie ein Puzzleteil im kulturellen Mosaik zu leisten. Viele Freunde bestätigen
mir außerdem, daß sie sich nie mit den alten Mythen beschäftigt haben, es aber immer wollten und meine Arbeit nun zum Anlass
nehmen, es endlich auch zu tun! Und es macht ja fürchterlich Spaß, es ist spannend wie ein Kinofilm! Und gibt einem das Gefühl,
sich die eigenen abendländischen Wurzeln bewusst zurück zu erobern, den europäischen Geist sozusagen aus der Unterwelt
(Gaias Tartaros) zu befreien. Hoffentlich überträgt sich meine private Freude auf den Leser...
gez.
Tom de Toys
Berlin-Neukölln, den 22.5.2010
* Diese digitalen Dinosaurier sind mir übrigens selbst noch vom Herbst 2004 vertraut, als ich in qualvollen Nachtschichten den Grundstock für
meine Präsenz als Mitglied des Künstlernetzes Neukölln auf das Portal hochlud, wo der vorliegende Vortrag ab 1.6.2010 als Erstveröffentlichung
vorliegt. Damals handelte es sich nur um minikleine Handyfotos in extrem verpixelter Auflösung mit maximal 10 KB (zehn Kilobites statt hundert
oder den heute üblichen Megabites für das Familienalbum, aber ich gewann immerhin einen Nokia-Wettbewerb damit!), und allein das Anlegen
der Objekte im Stammbaum des Content Management Systems von Punapau (Danke, Mario, für diesen Porsche, den ich noch immer wie einen
Ferrari fahre - oder besser gesagt: wie ein Raumschiff!!!), in die man danach erst das eigentliche Foto einfügt, dauerte schon derart lange, daß
ich jedes Mal nach dem entscheidenden Klick zur Datenübertragung (eins eins null null eins eins null) in die Küche gehen konnte, um neuen
Kaffee zu kochen. Irgendwann im Winter war dann schließlich mein erster Ordner in der Sparte Literatur mit einigen Gedichten fertig installiert...
* Eris ist der größte bekannte Zwergplanet unseres Sonnensystems. Eris zählt zu den Plutoiden, einer
Unterklasse von Zwergplaneten, die jenseits der Neptunbahn die Sonne umrunden. Nach seiner
Entdeckung am 29.7.2005 bezeichneten die NASA und viele Medien dieses Objekt des Kuipergürtels
zunächst sogar als "zehnten Planeten" mit einem circa 100 km größeren Durchmesser als Pluto.
Allerdings verabschiedete die Internationale Astronomische Union (IAU) am 24.8.2006 eine neue
Planetendefinition, nach der Eris (genauso wie Pluto) als Zwergplanet abklassifiziert werden musste. Das
Objekt erhielt demgemäß im September 2006 die Nummer 136199 als Eingliederungsmaßnahme.
"Hesiod, der diese Sage überliefert, war ein Abkömmling der Bewohner Kadmeias; diese kamen
wahrscheinlich nach dem Zusammenbruch des hethitischen Reiches aus Kleinasien und brachten die
Geschichte der Entmannung des Uranos mit. Es ist jedoch bekannt, daß diese Sage nicht hethitischen
Ursprunges ist, da eine frühere, churritische (horitische) Fassung entdeckt wurde. Hesiods Fassung
bezieht sich wahrscheinlich auf ein Bündnis der verschiedenen prähellenischen Siedler Südund Mittelgriechenlands, die Anhänger des Titanenkults waren, gegen die frühen
hellenischen Eindringe aus dem Norden. Ihr Kampf war erfolgreich, doch beanspruchten sie die
Oberherrschaft über die nördlichen Ureinwohner, die durch sie befreit worden waren. (...) Die späten
Griechen lasen 'Kronos' als Chronos, den 'Vater Zeit' mit seiner unbarmherzigen Sichel. Er wird wie
Apollon, Asklepios, Saturn und der frühe britische Gott Bran mit einer Krähe abgebildet; Kronos bedeutet
wahrscheinlich 'Krähe', wie das lateinische cornix und das griechische corone. Die Krähe war ein Vogel des
Orakels, von dem man glaubte, daß er die Seele des geopferten Heiligen Königs in sich aufnahm. (...)
Hephaistos ist häßlich und übellaunig, aber er hat starke Arme und Schultern, und seine Arbeit ist
unübertrefflich. Einst fertigte er mechanische Frauen aus Gold, ihm in seiner Schmiede zu
helfen, die schwierigsten Arbeiten auszuführen. Sie können sogar sprechen. (...) Die Göttin der
Morgenröte war eine hellenische Erfindung; von den Mythographen wurde Eos nur widerwillig als eine
Titanin der zweiten Generation anerkannt. Ihr zweispänniger Wagen und ihre Ankündigung der Sonne
sind eher Allegorien als Mythen. Sie entwickelte sich aus der blutfingrigen indischen
Muttergöttin Uschas (Uschas wird zu Eos). Eos' fortwährende Liebesaffären mit jungen Sterblichen
sind ebenfalls Allegorien: Die Morgendämmerung läßt die nächtlichen Leidenschaften der Liebenden
wieder aufflammen. Die Allegorie ihrer Ehe mit Astraios besagt, daß die Sterne mit der
Morgendämmerung im Osten verschmelzen und Astraios, der Morgenwind, sich erhebt, als wäre er deren
Emanation. Eos wird -der Wind galt ja als Befruchter- durch Astraios die Mutter des Morgensterns, der
allein am Himmel steht. (Astraios war ein anderer Name für Kephalos, von dem es gleichfalls
heißt, daß er mit Eos den Morgenstern zeugte)."
Robert von Ranke-Graves: "Griechische Mythologie. Quellen und Deutung" (1955)
"Legenden: (...) Im 8. Jahrhundert v.Chr. verfasste der Dichter Homer die ersten schriftlich fixierten
poetischen Epen: die ILIAS und die ODYSSEE. (...) Die tatsächlichen Ereignisse des Trojanischen Krieges
haben vier Jahrhunderte vor Homer stattgefunden, zu einer Zeit, als die griechische Welt von Königen
beherrscht wurde, die in prächtigen und von starken Mauern geschützten Palästen wohnten. Obwohl
diese Königreiche eine reiche Kultur hatten, verfügten sie über keine schriftlich fixierte
Literatur. So wurden die Heldentaten um Troja von den Dichtern von einer Generation zur
anderen mündlich weitergegeben. Diese frühe Dichtkunst sollte den königlichen Hof
unterhalten und den Zuhörern als vorbildliches Beispiel dienen, denn obwohl die Ereignisse,
von denen berichtet wurde, schon lange zurücklagen, hielten sich die Zuhörer für
Nachfolger der Helden. Es ist also nicht erstaunlich, dass die Dichter ihre Gesänge ausmalten und mit
mythischen Geschichten von Göttern und Ungeheuern ausschmückten. "Reine" Mythen: Der Dichter
Hesiod, ein Zeitgenosse Homers, schrieb die THEOGONIE (Göttergenealogie), in der zum ersten Mal die
griechische Version von der Erschaffung der Welt und ihrer Titanen, Götter und Sterblichen
aufgeschrieben wurde. (...) Es hat einmal ein 'Goldenes Zeitalter' gegeben, wo Sterbliche und Götter
glücklich und harmonisch miteinander auf der Erde lebten. Mutter Erde erzeugte alles, was die Menschen
brauchten, und der Mensch brauchte nicht zu arbeiten. (...) Nach Hesiod befand sich die griechische
Kultur auf dem Rückzug vom Goldenen Zeitalter. Aber es gab einen pädagogischen Grund für diesen
Mythos: Hesiod wollte mit seinem Gedicht seine königlichen Zuhörer ermahnen, auf Gewalt und
Unfrieden zu verzichten, sodass das Goldene Zeitalter von Neuem Einzug im Leben der Menschen halten
würde. (...) Ob die Griechen selbst an ihre Mythen glaubten, ist heute schwer zu entscheiden."
David Bellingham: "DIE GRIECHEN. KULTUR UND MYTHEN" (2008)
"Auf jeder Stufe menschlichen Seins steht uns die unabänderliche Gnade zu, das Gewebe der
Natur zu bilden. (...) Im Kreislauf unserer Mutter Erde geht nichts verloren. (...) Das gesamte
Universum wird vom sanften, nachhaltigen Atem der Gravitation erfüllt. (...) Gravitation ist Liebe.
Die Gravitation ist es, die alle Dinge zusammenhält. (...) Es ist, als würde alles von einem
schweigenden NANA I KE KUMU durchwoben ... achte schweigend auf den Ursprung. (...) Ein
kosmisches Kind der Liebe beginnt sich auszubreiten. Das Universum bringt einen neuen,
strahlenden, pulsierenden Atem mit sich, der erneut der Unendlichkeit entgegenweht. Die Art
und Weise unseres Seins ist an eine so enge, selbst gewählte Zeit-Perspektive gekettet, dass wir
Dauer nur in unseren Spielzeugen erblicken - in unseren Bauwerken, Büchern, Monumenten
und Kunstgegenständen. (...) Um unserer Beziehung zu Raum und Zeit Ausdruck zu verleihen,
fassen wir den kulturellen Überbau unseres Planeten ins Auge. (...) Wir werden krank, sobald wir
uns über das Ausmaß dieses Überbaus Rechenschaft ablegen. Hier eine Pipeline und dort ein
Stück Autobahn, ein Staudamm quer durchs Tal - alles für die Ewigkeit gebaut! Es dauert nicht
bloß eine Million Jahre, um den Grand Canyon entstehen zu lassen. ES DAUERT ZWANZIG
MILLIARDEN JAHRE! (...) Mit unserem Bemühen, die Natur ganzheitlich zu sehen, schwinden
Raum und Zeit. Die Ereignisse innerhalb des Universums werden nicht mehr voneinander
getrennt - sie werden dort lokalisiert, wo sie gerade stattfinden. Werden wir nach der nächsten
inneren Schwingung zu einem Verständnis für Raum und Zeit übergehen, das bei Null beginnt?
(...) Die Begriffe von Raum und Zeit gehören möglicherweise zu den eigentümlichsten
Denkprozessen, die einen Abstand zwischen Kultur und Natur bewirken. (...) Der Planet
verdient mehr als die Zungenfertigkeit und die Schlagwörter von Fanatikern. (...) Das natürliche
Bewusstsein muss mit dem kulturellen Bewusstsein in Einklang gebracht werden. (...) Es geht
nicht mehr an, dass wir ziellos nach charismatischen Führern Ausschau halten, wie dies bis anhin
'vorgelebt' worden ist. (...) Es gibt keinen Einzel-Weg - man erinnere sich des Tao: TAO, DAS
ERZÄHLT WERDEN KANN, IST KEIN TAO. Hier liegt der Keim zur Auflösung des Fanatismus. (...)
Wir müssen uns der Mutter Erde zuwenden. Wir müssen uns dessen versichern, dass
wir mit ihr sprechen, in ihr ruhen, sie lieben. (...) Spiritualität wird aus dieser
wiedererrichteten Verbindung zum Kosmos geboren. Es handelt sich um keine
Religion. Religionen dienen dazu, die Menschen gegenseitig zu binden - um die
Kulturen und die Götter menschlichen Kontextes auf eine Linie zu bringen. Aber
Spiritualität ist mehr als bloße Verbindung mit menschlicher Doktrin. (...) Unsere
Quelle ist überall. (...) Jeder von uns kann einen Ort aufsuchen, wo er Wiedervereinigung findet - und dieser kann sehr nahe sein. (...) Ganzheitlichkeit. Kinder sind
dazu äußerst befähigt. Sie vermögen ihr Bewusstsein in alles zu versenken, mit allem zu
verschmelzen und umzugestalten. Sie tun dies, weil ihre Anlagen noch so eng mit beiden Müttern
verbunden sind. Ihre menschliche und ihre planetare Mutter vermitteln ihnen virtuelles
Bewusstsein, ozeanisches Bewusstsein und jenes Bewusstsein, das in der ontogenetischen
Reise durch all unsere stammesgeschichtlichen Vorfahren wurzelt. Sie haben es nicht vergessen;
aus diesem Grunde können sie zu den Quellen ihres Seins zurückkehren. (...) Wenn wir die
Tatsache eines sich entwickelnden Bewusstseins akzeptieren, so müssen wir versuchsweise auch
voraussetzen, dass diese Entwicklung in der Kultur zum Ausdruck gelangen wird. Einige
behaupten, dass die HUMAN POTENTIAL BEWEGUNG diesen Wechsel bezeuge - andere
sehen darin lediglich einen Ausdruck von organisiertem Narzissmus. Einmal mehr stehen sich
Hoffnung und Zynismus gegenüber. Theodore Roszak, eindeutig ein Befürworter des aufstrebenden Bewusstseins, unterstützt die Bezeichnung HUMAN POTENTIAL BEWEGUNG
keineswegs. Nach Roszaks Meinung wohnt diesem Begriff eine Nebenbedeutung inne, die allzu
politisch ist. Er glaubt - wie ich auch -, dass die Wiederherstellung planetaren Bewusstseins
eine apolitische Angelegenheit sei. Roszak bevorzugt den Begriff 'Mosaik': ein Human Potential
Mosaik."
Bob Samples: "DER GEIST VON MUTTER ERDE Ganzheitlichkeit und Planetares Bewusstsein" (1981)
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